Es gibt sie noch, die „Schatzgräber“ unter den Medienmenschen. Jene also, die ein besonderes Gespür für zu Unrecht in Vergessenheit geratene musikalische Talente haben. Dazu zählt zweifellos Marc Boettcher. Er hat maßgeblich dazu beigetragen, eine Jazz-Sängerin wieder ins Rampenlicht zu rücken, die eine Weltkarriere zweifellos verdient hätte: Inge Brandenburg (KÜS Newsroom 14. Juli 2019) scheiterte aber damit. Vor allem wohl, weil sie sich „sperrig“ gab, ihr Repertoire mit voller Absicht in keine Schublade stecken lassen wollte. Das wäre seitens der Schallplattenfirmen aber Voraussetzung gewesen: Sie als Interpretin leicht konsumierbarer Tonware aufzubauen, um dann vielleicht ein paar schwierigere Projekte zu ermöglichen. So sehr sie Kollegen wie Kurt Edelhagen und Paul Kuhn begeisterte, so wenig attraktiv war die Sängerin (1929-1999) offenbar unter wirtschaftlichen Aspekten. Die Zusammenstellung „I Love Jazz“ (UniSono) mit Aufnahmen in Deutsch und Englisch lässt ahnen, welchen Fehleinschätzungen die junge Karriere der 1999 verarmt verstorbene Sängerin zum Opfer fiel.
Keineswegs groß vorstellen muss man Elton John. Die Meilensteine, die er im Pop und Rock gesetzt hat, sind kaum zu zählen, dabei darf man freilich seinen Texter Bernie Taupin nicht verschweigen. 2019 ist Sir Elton auf eine große Tournee gegangen, um sich von seinem Publikum – zumindest für Live-Auftritte – zu verabschieden. Mit 72 Lenzen eine verständliche Entscheidung nach Jahrzehnten mit stets prall gefüllten Terminkalendern. Um diese einzigartige Karriere Revue passieren zu lassen, eignet sich der Sampler „Diamonds (Mercury)“ vorzüglich (KÜS Newsroom 19. Mai 2019). Im selben Jahr hat er seine Autobiographie veröffentlicht: „Ich“ (KÜS Newsroom 20. Oktober 2019) beschreibt ebenso anschaulich-selbstkritisch wie britisch zurückhaltend, wie solch eine Karriere auch mal zum Balanceakt zwischen Erfolg und Selbstzerstörung geraten kann.
Leicht hat er es nicht gehabt, eine Sendung durchzusetzen mit allein deutschsprachigen Schlagern, die auch noch ausschließlich live vorzutragen waren. Es waren schließlich die Sechziger, als Englisch das Image der einzig fortschrittlich klingenden Sprache in der Unterhaltung hatte. Woodstock im selben Jahr prägte besonders, was „in“ war. Trotzdem bekam Dieter „Thomas“ Heck am 18. Januar 1969 im ZDF eine Show nach seinen Vorstellungen. Im Jubiläumsjahr 2019 kamen selbst Kritiker nicht umhin, ihr echten Kultstatus zu attestieren. Ein CD-Sampler belegt den Status (KÜS Newsroom 5. Mai 2019). Übrigens: Die Fortsetzung, Vol. 2, ist für 2020 bereits angekündigt (Sony).
Zur ZDF-Hitparade gehörte auch die Neue Deutsche Welle. Manche ihrer großen Stars sind längst in die Vergessenheit „gespült“ worden, andere machen Schlagzeilen, die sie besser nicht machten oder gemacht hätten. Einige haben sich aber tatsächlich bis heute eine gute Präsenz im Showbiz bewahrt. Zu ihnen gehört Andreas Dorau. Seine Produktionen erreichten zwar nicht mehr die Verkaufszahlen wie „Fred vom Jupiter“, bestechen aber durch Originalität. „Das Wesentliche“ (Tapete); (KÜS Newsroom 23. Juni 2019) etwa bezieht sich auf den Refrain eines Songs. Folglich bestehen die 18 Tracks nur daraus. Sprachspiel und Minimalismus – das hat seinen Charme.