CD-Tipp – 50 Jahre ZDF-Hitparade

Die erste Titelmelodie steuerte James Last bei, dessen Karriere gerade Fahrt aufzunehmen begann. Und als zu deren Klang ein Moderator auftrat, dessen Sprache an ein Maschinengewehr erinnerte und der gekleidet war, wie man sich jemanden beim Antrittsbesuch bei den Schwiegereltern vorstellt, war das Kuriosum noch längst nicht komplett. Deutsche Schlager, live gesungen, Playback plus Mundbewegungen war tabu, und wer von den Debütanten es in die zweite Ausgabe schaffen würde, entschied das abstimmende Publikum.

Das war am 18. Januar 1969. Dass die „ZDF-Hitparade“ einmal Kult würde, hat damals kaum jemand geahnt. Denn die angesagte Sprache im Business war Englisch. Was Erfolg haben wollte, durfte gerne progressiv klingen, gesellschaftskritisch und ein wenig lässig. Und wer Erfolg haben wollte, durfte gerne auch so aussehen: lässig, bunt, progressiv eben. Die Pilotsendung der „ZDF-Hitparade“ war nichts davon. Das wusste Dieter Thomas Heck, der vom Rundfunk kam – wo ihm zu Beginn sein zweiter Vorname als Künstlername verpasst wurde, da es am Sender einen Dieter bereits gab. Er setzte sein Sendekonzept erst mal bewusst gegen den Trend.

50 Jahre später wird das, was damals gegen den Trend gesendet wurde, gebührend gefeiert. Dazu gehörte eine große Jubiläumsshow, dazu gehört natürlich auch eine CD. Drei sind es, um genau zu sein. Und die dürfen auch jenen einen genaueren Blick (und ein Hinhören) wert sein, die es sonst mit dem Genre „Schlager“ nicht so haben. (Fans werden sich den Sampler eh nicht entgehen lassen).

Auf den klassischen Schlager in den Siebzigern folgte die Neue Deutsche Welle, kurz: NDW. Spaß, Satire und Albernheit standen, je nach Interpret, plötzlich hoch im Kurs bzw. in den Charts. Das ging auch an Dieter Thomas Heck und seiner Sendung nicht vorbei. Der gab 1984 die Moderation an Viktor Worms ab, und damit änderte sich erstmals die Titelmelodie. Zwischenzeitlich hatte man die Publikumsabstimmung dadurch ersetzt, dass man die Platzierungen entlang der Schallplattenverkäufe setzte, um später doch wieder dem Publikum die Entscheidung zu überlassen. Auf Worms folgte Uwe Hübner, und irgendwann hatte sich das Sendekonzept überholt. Man könnte auch sagen: die Demokratisierung der deutschsprachigen Unterhaltungsmusik war längst erreicht.

Wer die Hitparaden-Ära – oder auch nur einen Teil davon – erlebt hat, wird beim Hören dieser CDs zweifellos nostalgische Gefühle entwickeln. Wer sie richtig würdigen will, muss unbedingt auch beachten: Die Jubiläums-Silberlinge spiegeln eine Zeit, in der es schwerer war als heute, überhaupt ein Publikum zu erreichen – ohne Internet, ohne Social Media und, zumindest in der Heck-Zeit, mit einer sehr begrenzten Zahl an Fernsehsendern.

Diverse: 50 Jahre ZDF-Hitparade (Sony Music).

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