Lese-Tipp – Henn: Der Geschichten­bäcker

„Sofie kam an dunklen Fensterfronten vorbei. Da waren die Bäckerei Johannes Pape & Sohn und daneben der kleine Hofladen der Familie Nittels. In der viele Jahre leer stehenden Metzgerei hatte vor Kurzem ein Steakhaus namens Glut & Asche eröffnet. Der Besitzer stand häufig vor der Tür, rauchte und blickte die Straße entlang, als würden dadurch eher Gäste kommen. Die Zweigstelle der Bank und der Friseursalon waren geschlossen worden, in Ersterer standen jetzt nur noch ein Geldautomat und ein Kontoauszugsdrucker, und wer eine neue Frisur wünschte, musste in das Nachbardorf zum Salon Schnittpunkt. Dann war da nur noch Bauer Mattes, ein rotwangiger schwerer Mann, der aussah wie ein riesiges Baby und genauso gerne brüllte. Er hielt am Rand des Dorfes Hühner, Gänse und auch zwei Bienenvölker. Etwas außerhalb lag ein Supermarkt mit großen Neonbuchstaben über der Glasfront und kostenfreien Parkplätzen.“

Was hat Backen mit dem Erfinden von Geschichten zu tun? Vielleicht erst mal: Nichts – es sei denn, man gönnt sich zu einem abendlichen Lesevergnügen ein paar von seinen Lieblingskeksen. Oder so ähnlich. Tatsächlich aber geht es in beiden Fällen zum die Qualität der Zutaten, die Sorgfalt der Zubereitung – und nicht zuletzt eine gute Portion handwerkliches Geschick.

Wie das alles funktioniert, zeigt Carsten Henn in einem Buch, das ein wenig aus der Zeit gefallen scheint – schon das historisch anmutende Buchcover weist darauf hin. Und gerade deshalb ist der „Geschichtenbäcker“ hochaktuell.

Carsten Henn: Der Geschichtenbäcker. Piper Verlag; 15 Euro.

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