„Unzählige Male wurde ich schon gebeten, eine Autobiografie zu schreiben, aber nie war die richtige Zeit dafür. Meist zog ich Kinder groß oder war auf Tournee – beides ist nicht ideal, wenn man sich über lange Strecken konzentrieren möchte. Das einzige, was immer ging, egal ob zu Hause oder unterwegs, war Songs zu schreiben. Wenn Leute erst mal ein gewisses Alter erreicht haben, greifen sie gerne auf Tagebücher oder Terminkalender zurück, erinnern sich Tag für Tag an vergangene Ereignisse, aber solche Aufzeichnungen habe ich nicht. Was ich habe, sind meine Songs – hunderte – und eigentlich erfüllen sie denselben Zweck. Sie umspannen mein gesamtes Leben, weil ich schon mit vierzehn Jahren zuhause in Liverpool, als ich meine erste Gitarre bekam, instinktiv anfing, Songs zu schreiben. Seither habe ich nicht mehr aufgehört.“
Man reibt sich verwundert die Augen: Paul McCartney, der nächstes Jahr unglaubliche 80 wird, legt jetzt erst seine Autobiographie vor? Tut er, und die Begründung liefert er, siehe oben, gleich mit. Erlebt hat er freilich genug, um einen umfangreichen Folianten zu füllen. Stattdessen schreibt er sein Leben im Spiegel der eigenen Songs auf. Das ist ungewöhnlich, spannend und facettenreich.
Über seine Zeit bei den Beatles muss man hier nichts extra schreiben. Mit den „Wings“ musste er sich anfangs schon mal sagen lassen, dass dieses Trio, dem Namen zum Trotz, ein wenig flügellahm geraten sei. Spätestens mit „Mull Of Kintyre“ hat er in den späten Siebzigern dieses Urteil widerlegt. Solo war und ist er auch noch erfolgreich, bis heute. Dazu ein streitbarer Kopf, der schon für tierfreie Ernährung eintrat, als das noch lange keine Mode war.
Wie gesagt, sein Leben könnte Bände füllen. Erst einmal kann man sich an diesem hier erfreuen. Die „Lyrics“ sind hochpreisig und dabei jeden Cent wert, sehr schön und wertig aufgemacht. Also ein vorzüglicher Geschenktipp – Weihnachten ist ja nicht mehr ganz so weit weg …
Paul McCartney: Lyrics (Deutsche Ausgabe). C. H. Beck Verlag; 78 Euro.