Sie war schon fast 30, als sie das Leben als Pharmazeutisch-technische Assistentin (PTA) in der Apotheke gegen eines auf der Bühne tauschte. Zunächst mit Edda Schnittgard als Duo „Queen Bee“ und später solo. Der Titel ihres ersten Albums, „Weiblich. Ledig. 40“, war Programm. Eine Frau, die in keine Castingshow passen könnte und jeden PR-Berater dazu brächte, nach kurzer Zeit das Handtuch zu werfen. Vermutlich.
Denn Ina Müllers Markenzeichen sind die Unzulänglichkeiten des alltäglichen Lebens. Nix mit „alles easypasy, Botox und Strahlen in die Kamera“. Nein, sie nimmt sich schon mal gerne selbst auf die Schippe („Sie moderiern, wie schön, und was machen Sie beruflich?“), sie thematisiert das Älterwerden ganz unsentimental und dabei doch halbwegs optimistisch.
Musikalisch pendelt sie auf ihrem neuen Album wie gewohnt zwischen vielen Genres – Schlager, Pop, Chanson. Indes ist „55“ deutlich leiser geraten als die Vorgänger. Das steht den Themen sehr gut, um die es geht – Sport treiben um der Gesundheit willen, aber oft ohne Motivation („Laufen“), die Frage, wie das Leben verlaufen wäre, hätte man die Weichen anders gestellt („So hätt ich also sein soll’n“) und eine wunderbar selbstkritische Betrachtung der Freude an der Zigarette „Rauchen“).
Neben Frank Ramond als Texter, der Ina Müllers Solokarriere seit ihrem Beginn begleitet, hat auch Lebensgefährte Johannes Oerding viel zum Gelingen des Albums beigetragen, das schon im Titel den Bogen zum Erstling schlägt: „55“ ist schlicht Inas Alter.
Ina Müller: 55 (Sony Music)