Angefangen hat alles mit den „Rattles“. Junge Kerle, deren Name Programm war: Rock’n’Roll, Punkt. Da war Reichel Mitte 20 und hat mit seinen Kumpels in der Band nach eigener Aussage einfach losgespielt. Dass sowas nicht nur Geld brachte, sondern auch zu einer Art Gütesiegel wurde, war keinesfalls geplant.
Ende der 60er war es auch, als Rattles-Mitglied Herbert Hildebrandt den „Soulful Dynamics“ einen echten Gassenhauer schrieb: „Mademoiselle Ninette“ ist bis heute ein typischer Partyhit. Ein Rezept, ein paar Mal variiert, so entstehen Hits.
Achim Reichel hat nach seiner Rattles-Zeit auf dieses Rezept bewusst nie gesetzt. Bis er einen Ohrwurm schrieb, der landauf, landab ganze Gehörgänge infizierte, waren wir schon in den Neunzigern. „Aloa Heja He“ katapultierte ihn 1991 in die Charts, und das Album dazu, „Wahre Liebe“, machte ihn (wieder) schlagartig für längere Zeit auch jenseits seiner norddeutschen Heimat bekannt.
Zwischen „Rattles“ und „Aloa Heja He“ hat er sich immer wieder an Stoffe getraut, die alles andere als leicht verkäufliche Tonware ergaben. Balladen deutscher Dichter, Volkslieder, Shanties – ganz bewusst jetzt in deutscher Sprache singend und sich zum klassischen Volkslied bekennend. Bei ihm hatte das so gar nichts von Deutschtümelei. Norddeutsche Dichter und die Seefahrt sind zentral in Reichels Werk – kein Wunder bei einem „Nordlicht“.
Er hat einfach immer nur die Musik gemacht, die er selbst mochte und bewusst darauf geachtet, sich auf eine bestimmte Musikrichtung eben nicht allzu lange festzulegen. Anders als sein Bandmate Hildebrandt mit seinem Hit-Rezept. Dass Reichels Philosophie aufging, er auch davon leben konnte, mag mit einer guten Portion Glück verbunden gewesen sein. Er fand immer auch für eher unkommerzielle Vorhaben Plattenfirmen, die ihn einfach machen ließen. Was dabei herausgekommen ist, zeigt „Das Beste“, frisch erschienen zum 75. Geburtstag von Achim Reichel. In Deutschland dürfte es kaum jemanden geben, der so unterschiedliche Genres so unerschrocken bedient und dabei zugleich eine eigene muskalische „Handschrift“ entwickelt hat. Zur Verdeutlichung der Bandbreite seien zwei Zitate angeführt (Quelle: wikipedia): Sein 1978er Album „Regenballade“ wurde für den Einsatz im Deutschunterricht empfohlen. 13 Jahre später brachte ihm „Aloa Heja He“ die Typisierung als „Mitgröl-Shanty“ ein.