Thomas Wieczorek war ein Spötter, und wenn er Zyniker als enttäuschte Romantiker bezeichnete, mag er auch sich selbst gemeint haben. Geschrieben hat er immer als Seelenverwandter von Erich Kästner. Der hatte schon vor Jahrzehnten, nach zwei überstandenen Weltkriegen gehofft: Menschen mögen vernünftig werden, wenn man sie nur genügend mit den Mitteln der Satire traktierte.
Gegen Thomas Wieczorek, den Journalisten und promovierten Politikwissenschaftler, nahm sich Kästners Werk für Erwachsene freilich aus wie in Text gegossene Harmonie. Unbarmherzig stellte Wieczorek heraus, wie Politiker völlig fachfremd in einer Parteihierarchie aufsteigen konnten. Konsequent trat er für eine Sozialpolitik ein, die Menschen nicht zu Wohlstandsverwahrlosten machen dürfe. Von politischen Wahlen bzw. dem Auftrag der Gewählten hatte er eine schon urdemokratisch zu nennende Vorstellung. Akribisch geführte Quellenangaben füllten in seinen Büchern schon mal mehrere Seiten, hier zeigte sich mehr der Wissenschaftler denn der Satiriker, der das Wort als scharfe Waffe einsetzte und seine Bücher nicht unter das Motto Hauptsache, rasch publiziert, schnellverkäuflich und auflagenstark stellte. Zu Bestsellern wurden sie trotzdem. Oder deswegen.
Zuletzt, im September 2013, erschien Sei schlau, geh in den Bau. Hier geht er einmal mehr gegen Verdummungstendenzen vor, zum Beispiel mit der Geburtsstunde des Burnout als Modekrankheit. Dass er dafür Heinrich von Kleist als Person aussucht, ist schreiend komisch, lässt einen aber ob des Wahrheitsgehalts nicht ganz so laut lachen. Zu viel Wahrheit steckt in so einem fiktionalen Szenario.
Thomas Wieczorek hat seine gesellschaftliche Position stets klar bekannt, keine Objektivität für sich beansprucht. Wer ihm Parteilichkeit vorwirft, muss das schlichtweg übersehen haben. Am 12. November 2013 ist er 60-jährig nach langer, schwerer Erkrankung verstorben, wie der Eulenspigel Verlag tags darauf bekanntgab.
Thomas Wieczorek: Sei schlau, geh in den Bau. Eulenspiegel Verlag; 9,99 Euro.