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Er führte die amerikanische Designära bei der deutschen General-Motors-Marke Opel zu einem großen Finale. Als letztes Rüsselsheimer Mittelklassemodell musste der Opel Rekord A des Jahrgangs 1963 mit Formen vorfahren, die im Technical Center in Warren, USA, definiert worden waren. Vorbild war dabei das Compact Car Chevrolet Chevy II. Eine Designverwandtschaft, die in manchen Medien kritisiert wurde, aber die Karriere des Rekord A nur beflügelte. Ganz so wie bei der wenig später im amerikanischen Stil erneuerten Opel-Oberklasse Kapitän, Admiral und Diplomat, die dem Rekord einen 2,6-Liter-Sechszylinder als neues Spitzentriebwerk spendierte. Platz zwei in der deutschen Zulassungsstatistik der Jahre 1963 bis 1965 verdankte der 4,51 Meter lange Schrumpf-Straßenkreuzer allerdings auch seinen preiswerten und betagten Vierzylinder-Benzinern, die konstruktiv bis ins Jahr 1937 zurückreichten.

Erst anlässlich eines großen Facelifts gönnte Opel seiner Familienklasse neue Motoren. Mit den jetzt Rekord B genannten zwei- und viertürigen Limousinen, Caravan-Kombis, Coupés und Cabriolets nahmen die laut Werbung „PS-geladenen Wagen“ noch einmal Schwung. Zum Status des Produktionsmillionärs reichte es den Rekord A und B zusammengenommen zwar noch, aber für den Facelift-Rekord war nach nur elf Monaten Schluss. Das deutsche Wirtschaftswunder endete damals mit einer Rezession, aus der sich Opel mit dem gänzlich neuen Rekord C befreite.

Es war ein Jahr des Generationenwechsels. Bundeskanzler Konrad Adenauer übergab 1963 die Amtsgeschäfte an Ludwig Erhard, der jugendlich wirkende amerikanische Präsident John F. Kennedy kündete bei seinem Deutschlandbesuch von einer neuen politischen Ära, die Beatles eroberten die Musikszene und die Herzen der Jugend, und der kommende Boxstar des Jahrhunderts, Cassius Clay alias Muhammad Ali, bereitete sich auf seinen ersten WM-Kampf vor.

Schneller und stärker war schicker. Vor 50 Jahren setzte die Technik auf Tempo, sei es durch Raketen für das Rennen zum Mond, Düsenjets auch auf Kurzstrecken oder Muscle Cars für amerikanische Highways. Ein Erneuerungs- und Leistungsrausch, der auch die deutsche Automobilindustrie erfasst hatte. Da durfte Opel nicht fehlen, schließlich hatten die Rüsselsheimer 1962 gerade erst wieder einen neuen Produktionsrekord aufgestellt, den sie vor allem ihrem Mittelklassebestseller Rekord P2 verdankten. Allerdings war dieser zuletzt deutlich unter Druck geraten durch die stromlinienförmigen Ford 17 M „Badewanne“. Hinzu kamen gänzlich neue, schnelle Konkurrenten von BMW (1500 bis 1800), Glas (1700) und DKW (F102), der VW 1500 für Käfer-Aufsteiger und zunehmend erfolgreichere Importmodelle etwa von Peugeot (404), Citroën (DS 19), Fiat (1500/1800) oder Volvo (P 121 Amazon). Entsprechend gewaltig waren die Herausforderungen für den im Frühjahr 1963 eingeführten Opel Rekord, dessen Aufbruch zu neuen Ufern durch das interne Kürzel „A“ gekennzeichnet wurde. „Nach wie vor hält Opel an der konsequenten Konzentration auf wenige Grundtypen fest, verbindet diese aber mit einer Vielzahl an Varianten“, ließ Opel die Presse wissen.

Tatsächlich gab es den Rekord A schon im Startjahr in einer damals sensationell großen Typenvielfalt. Während die zweitürigen Limousinen und Caravan-Kombis mehr Raum als die Kölner und Wolfsburger Konkurrenz boten, lag es besonders am Viertürer in Kombination mit den Spitzenmotorisierungen 1700 S (laut Werbung „67-PS-Spezialmotor“) und L-6 („100 PS für „begeisterndes Beschleunigungsvermögen“) gegen BMW, Glas oder die Importe anzutreten. Während der Rekord 1700 S bis zu einem Drittel billiger war als die Rivalen und dazu den Vorteil eines amerikanisch geräumigen Interieurs ausspielte, mangelte es dem kostspieligen Sechszylinder trotz Motor und Hinterachse vom Opel Kapitän an Noblesse und Prestige. Dies galt sogar für das überaus elegante Rekord Coupé, das den als „rasenden Kofferraum“ verspotteten Vorgänger vergessen ließ und in seiner Leistungsklasse konkurrenzlos war. Raritäten blieben die Rekord Cabriolets, die bei den Karossiers Autenrieth und Deutsch entstanden und mit Preisen von bis zu 13.000 Mark so viel kosteten wie gleich zwei Rekord Limousinen in Standardausführung. Dagegen erfreute sich der Rekord Lieferwagen großer Popularität, gab es damals doch keine schnelleren Kastenwagen, bei denen Pkw-Komfort inbegriffen war.

„Ein Jahr Rekord – ein Rekord-Jahr“, so feierte Opel 1964 die Führungsposition seiner „gehobenen Mittelklasse“ unter den Limousinen der 1,5- bis 1,7-Liter-Klasse durch fast 376.000 produzierte Einheiten. In Deutschland errang der Rekord sogar erneut Rang zwei unter den meistgekauften Autos überhaupt, gleich hinter dem Käfer. Tatsächlich ließen sich so viele Deutsche von dem stattlich wirkenden Rüsselsheimer zum kleinen Preis beeindrucken – die Basisversion kostete nur 1.200 Mark mehr als der kleine Kadett – dass Konkurrenten wie Ford die Erneuerung ihrer Familienfahrzeuge forcierten. Aber nicht einmal die im September 1964 eingeführte Kölner Doppelspitze aus 17 M und 20 M (P5) konnte dem Rekord A die Position des Klassenprimus nehmen. Dennoch: Im ersten Halbjahr 1965 schrumpfte Opels Gesamtmarktanteil von aus heutiger Sicht unglaublichen 26,3 Prozent auf 20,6 Prozent, während die Kölner Ford-Werke von 14,4 auf 19,5 Prozent zulegten. Für die größte europäische GM-Tochter Anlass, Gas zu geben mit einem Revirement bei den Volumenmodellen. Während der Kadett als Neuauflage ins Modelljahr 1966 startete, musste dem Rekord ein gründliches Facelift genügen. Dennoch nannte Opel die Mittelklasse mit neuen Frontscheinwerfern und runden statt eckigen Heckleuchten nun Rekord B. Begründet wurde dies durch die Einführung moderner Vierzylinder mit obenliegender Nockenwelle, die in der Topversion 66 kW/90 PS aus 1,9-Liter-Hubraum entwickelten. „Familienauto mit Sportwagencharakter“ bejubelte die Opel-Werbung die 90-PS-Limousine. Tatsächlich boten auch ein BMW 1800 oder Porsche 912 nicht mehr Leistung. Dagegen gab es beim Rekord weiterhin Sechszylinder mit 74 kW/100 PS, fast so viel wie beim Porsche 911.

Die Akzeptanz der Kunden auf die aufgefrischte Familienklasse im Zeichen des Blitzes war jedoch ebenso verhalten wie die wohlwollenden Kommentare der Fachpresse über den laut Opel „makellos schön gekleideten und praktisch motorisierten Rekord“. Die weiche Fahrwerksabstimmung stand im Widerspruch zum versprochenen Sportwagencharakter, die erstmals zugelieferten, neu entwickelten Vergaser arbeiteten anfangs unzuverlässig und der völlig neue Rekord C wurde von den Medien frühzeitig angekündigt. Zwar konnte Opel auch vom Rekord B in nur elf Monaten fast 300.000 Einheiten produzieren, im Inland schrumpfte Opels Marktanteil in der Mittelklasse jedoch von über 40 auf 28 Prozent, während es Ford kurzzeitig auf 30 Prozent brachte. Ein kurzzeitiger Rückgang, den der Rekord C im Coke-Bottle-Design ab August 1966 schnell ausgleichen konnte.

Biedere Bürgerlichkeit mit sachlichen, wenn auch amerikanischen Linien allein reichte nicht mehr, was die Rekord A/B sogar noch in der Oldtimerszene zu spüren bekamen. Während die extrovertiert gezeichneten Rekord P2 und Rekord C schnell Kult wurden, kam die Anerkennung für den Rekord im Chevy-Design unverdient spät.

Text: Spot Press Services/Wolfram Nickel
Fotos: Opel, SP-X

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