Liebe Leserinnen!
Liebe Leser!
Wer sich in diesen Tagen mit dem Automobil und der Mobilität im Allgemeinen beschäftigt, für den gibt es derzeit nur ein Thema: Frankfurt, die IAA, die weltweit größte Automobilmesse. Wir Journalisten haben bei derlei Veranstaltungen die Möglichkeit, an so genannten Pressetagen die ausgestellten Exponate schon einmal vorab zu begutachten, mit Vertretern der Konzerne, mit Vorständen oder Mitgliedern der Presseabteilungen zu sprechen und sich ein objektives Bild nicht nur über die Qualität der neuen Fahrzeuge, sondern auch über die Lage der Auto-Industrie zu machen. Das war auch in diesem Jahr so, am Dienstag und Mittwoch war in Frankfurt in den Hallen 1 bis 11 und auf dem Freigelände Herdenauftrieb der weltweiten Journaille. Da trifft man dann nicht nur die deutschen Kolleginnen und Kollegen, die man teils seit vielen Jahren kennt, da kommen TV-Teams, Berichterstatter und Kommentatoren rund um den ganzen Erdball in die Messemetropole. Bei solchen Ereignissen sieht man ganz explizit die geballte Wucht der Bedeutung von allem, was in irgendeiner Form mit persönlicher Mobilität zu tun hat. Von Alaska bis Zimbabwe, von den Anforderungen der Millionenstädte mit ihren urbanen Gegebenheiten bis zu den großen, weiten Ebenen und Hochflächen, die es mit geeigneten Fahrzeugen zu durchqueren gilt.
Frankfurt ist alle zwei Jahre Gradmesser des Geschehens rund um das Automobil, ist Signal für den Aufbruch zumindest bis zur nächsten Ausstellung in Mainhattan. Aufbruch ja, aber wohin eigentlich fragen sich in diesem Jahr nicht nur die Journalisten, sondern wahrscheinlich auch die Verbraucher, also vor allem Sie, liebe Leserinnen und Leser, wenn die Messe an diesem Wochenende bis zum 27. September ihre Tore öffnet. Selten war die Schere zwischen Grüner Woche unter dem Messeturm, also Autos mit immer geringerem Verbrauch und immer kleineren ausgestoßenen Schadstoffmengen sowie den PS-Protzen so groß wie in diesem Jahr.
Besonders deutlich wird das bei der IAA 2009 am Beispiel von Europas größtem Automobilhersteller Volkswagen. Da zeigt VW-Chef Martin Winterkorn in Frankfurt stolz eine Studie des Elektro-Autos E-Up!, das aber erst frühestens im Jahr 2013 auf den Markt kommen soll. Gleichzeitig aber werfen die Wolfsburger mit den Pferdestärken nur so um sich, dass es eine Pracht ist. Und das auf der gleichen Ausstellung: Denn zum Konzern zählen nicht nur die Töchter Seat, Audi oder Škoda sondern auch stolze Edel-Manufakturen. Demzufolge stehen in Halle 3, wo sich VW auf dem Messegelände eingenistet hat, auch ein neuer Bugatti, ein neuer Bentley und ein neuer Lamborghini für mehr als eine Million Euro. Auch das ist Volkswagen auf der so genannten Grünen Autowoche.
In weiten Teilen hat das, was die Menschen in diesen Zeiten vom Auto erwarten, und was sie auch von ihm benötigen, mit diesen Exponaten nicht mehr das Geringste zu tun. Aber Auto fahren hat auch immer schon etwas mit Träumen, mit scheinbar Unerreichbarem zu tun gehabt. Lebensqualität besteht eben nicht nur darin, sich die alltäglichen Bedürfnisse befriedigen zu können, sondern auch ein wenig in einer Traumwelt leben zu dürfen. Und die sollte sich eben dadurch auszeichnen, dass die in ihr verkehrenden Automobile möglichst schnell und mit aufregenden Proportionen ausgestattet sein sollten. Das abgasfreie Automobil, so erstrebenswert es denn auch ist, taugt nun mal leider nicht dazu, um die Sehnsüchte von gestandenen Männern (und manchmal Gott sei Dank auch Frauen) zu erfüllen.
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, nicht nur ein angenehmes Wochenende, sondern – wenn Sie es sich irgendwie ermöglichen können – auch ein paar informative Stunden auf der IAA. Und wenn Sie der Neue Lambo immer noch mehr inspiriert als die in Frankfurt ausgestellte Studie des Toyota Auris Vollhybrid, dann behalten Sie es einfach für sich. Sie müssen es ja nicht gleich jedem weiter erzählen.
Und unter uns gesagt: Mit geht es auch nicht viel anders.
Ihr Jürgen C. Braun
Fotos: Jürgen C. Braun\x09