Das kann aber auch völlig anders sein. Man hört ein 50 Jahre altes Tondokument und denkt: Hey, so modern – soll das schon so lange her sein? Dann widmen sich erfahrene Soundtüftler dem Original, bearbeiten es mit den aktuell verfügbaren technischen Möglichkeiten, und das Ergebnis verblüfft noch einmal mehr.
So geschehen bei der Neuveröffentlichung von „The White Album“. Als das 1968 erstmals erschien, war es einerseits Zeugnis der bekannten Beatles-Tugenden: Überraschende Effekte, provokante Texte, politische Stellungnahmen, unangepasstes Auftreten. Andererseits war das Ende der Karriere im Quartett für die Mitglieder schon erkennbar: John Lennon und George Harrison hatten, jeder für sich, eigene Projekte im Kopf, die Harmonie des Autorenteams Lennon/McCartney war nicht mehr die von vor einigen Jahren, Spekulationen über die Ursachen „schossen ins Kraut“.
Klaus Voormann, „der fünfte Beatle“, hat das vor einiger Zeit mal ganz unspektakulär zusammengefasst: „Die gemeinsame Zeit war einfach zu Ende, sowas passiert im Leben nun mal.“ Und genauso (alters)milde äußert sich im Rückblick Paul McCartney anlässlich der Neuveröffentlichung: „Wir hatten Sgt. Peppers Band verlassen, um in seinen sonnigen Elysischen Gefilden zu spielen und schritten nun völlig ohne Landkarte oder Kompass in neue Richtungen.“
Und so finden sich neben den Klassikern anno 2018 etliche Demoversionen und bisher unveröffentlichte Aufnahmen. Für Fans ein Muss, zweifellos, aber auch ein wunderbarer Blick hinter die Kulissen einer Musikproduktion. Längst nicht alles, was aufgenommen wird, schafft es im Entstehungsprozess auf die zuerst veröffentlichte Version. Das spricht nicht gegen die Songs, die aussortiert werden. Der Grund fürs Aussortieren ist so profan wie simpel: Auf einem Tonträger ist nicht so viel Platz, wie man es als Künstler gerne hätte. Und eher selten hat man später die Gelegenheit, die Entstehung nachzuverfolgen.
The Beatles: White Album. 50th Anniversary Release. (Universal)