„Der steinige Untergrund ist verhärtet wie die Ansichten Unkundiger über den Fortschritt“.
Ottfried Fischer lässt keinen Zweifel an seinen Empfindungen. Oft genug lesen sich seine Erinnerungen (hier bei der Betrachtung eines Waldes), als sinniere da Pfarrer Braun über alles und jeden. Und man sieht in Gedanken Bischof Hemmelrath, um die Ecke biegend „Mein lieber Guido!“ mahnen.
Tatsächlich sind die Parallelen des Autors Fischer zu einer seiner bekanntesten TV-Figuren oft frappant. Aber natürlich ist es nicht Guido, sondern Ottfried, der sich hier zu Wort meldet.
Der Anlass ist teils vergnüglich, teils sehr ernst: Eine Parkinson-Erkrankung – zu der er sich von Anfang an öffentlich bekannte – schränkt ihn im Alltag ein. Mit ein Grund, warum er vor einiger Zeit nach Passau zurückzog, in seine Heimat eben. Raus aus der bayrischen Hauptstadt, rein ins Haus seiner Großeltern das ist schon eine Umstellung. Aber: Inmitten eines hier dominierenden Katholizismus macht er zum Beispiel dessen Schlitzohrigkeit aus. Das hat dann weniger was von Guido Braun als von „Ottis Schlachthof“, seinem berühmten Kabarett. Und manche Anekdoten aus den ganz jungen Jahren von Ottfried sind schlichtweg zum Brüllen: Wenn er etwa erzählt, wie sein Cousin, bergauffahrend, zwei etwas barock anmutende Passantinnen in seinem schon sehr alten Auto mitnahm und auf deren Nachfrage ein rotes Licht an der Armaturentafel sehr eigenwillig – und recht uncharmant – erklärte. Das gehörte zum Choke, eine heute nicht mehr gebräuchliche Starthilfe für Autos. Noch vor rund 30 Jahren allerdings kam man ohne diese Hilfe gar nicht vom Fleck. Wie genau dieses einfache Rätsel von „Ottis“ Cousin in der Situation gelöst wurde – das mögen Sie selbst nachlesen …
Ottfried Fischers Erinnerungen mit dem eigenwilligen Titel sind eine ungewöhnliche Mischung aus Autobiographie, Aphorismen und verschriftetem Kabarett. Ein Buch, das man „in einem Rutsch lesen“ kann, aber auch auf dem Nachttisch deponieren, um sich allabendlich ein paar Seiten zu Gemüte zu führen.
Ottfried Fischer: Heimat ist da, wo einem die Todesanzeigen etwas sagen.
Ullstein Verlag; 20 Euro.