Buchtipp – Just: Frische Brise auf dem Sommerdeich

Unentschlossenheit kann man ihr jedenfalls nicht nachsagen: Zur Jahrtausendwende tauschte Katja Just München als Lebensmittelpunkt gegen die Hallig Hooge. In Zahlen ausgedrückt, fand sie sich plötzlich unter weit weniger als 100 Einwohnern - in der bayrischen Hauptstadt sind es rund 1,5 Millionen.

Irgendwo Urlaub machen, das ist eines – dort dann auch dauerhaft zu leben, kann eine ganz andere Sache sein. Katja Just war dieser Unterschied, zumindest theoretisch bewusst, denn sie kannte die Hallig als Urlauberin. Wie sich ihr Leben dort gestaltet, liest sich wie ein Abenteuerbuch ohne Stilmittel, die den Effekt steigern. Denn so etwas braucht Katja Just nicht. Was auf dem Festland schon ärgerlich sein kann, wirkt sich auf einer kleinen Hallig viel heftiger aus. Ein Sturm zum Beispiel. Wie Katja – und auch andere Halligbewohner – mit dieser Dauergefahr leben lernen, ist nur eine von vielen faszinierenden Facetten dieses Buches.

Wenn zum Beispiel von „Verkehr“ die Rede ist, meint das keineswegs in erster Linie das Auto. Zwar hat Hallig Hooge automobiltaugliche Straßen, gerade Touristen aber wird empfohlen, den eigenen vierrädrigen Untersatz auf dem Festland zu lassen. Die Platzverhältnisse sind beengt, vor allem aber sollte man sich wohl als Ungeübter nicht den ungewohnten Verhältnissen aussetzen. Also: Zu Fuß gehen, das Fahrrad nehmen – oder, tatsächlich, eine Pferdekutsche.

Aber nicht nur die (als Detail) macht Justs Erfahrungsbericht zu einem liebenswerten Anachronismus. Die Pflege von Freundschaften, erst recht die der Liebesbeziehung, die Sicherung des Lebensunterhalts (Tourismus als nahezu einige Einnahmequelle) – an diesen und weiteren Beispielen beweist die Autorin eine sympathische Form von Mut. Und macht uns bewusst, an wie viele Erleichterungen des (modernen) Alltags wir uns gewöhnt haben. Nahezu unmerklich.

Katja Just: Frische Brise auf dem Sommerdeich. Eden Books; 14,95 Euro.

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