Buchtipp der Woche

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Jakob Arjouni: Bruder Kemal. Diogenes Verlag;

Fast genau vier Monate ist es her, dass wir an dieser Stelle auf Jakob Arjouni hinwiesen (19. September 2012). Es nun wieder zu tun, hat einen traurigen Grund: Der Autor ist in der Nacht zum 17. Januar 2013 an den Folgen einer langen Krebserkrankung gestorben – mit nur 48 Jahren.

Happy Birthday, Türke! – im Titel steckte mehr Sarkasmus als Geburtstagseuphorie: Mit seinem ersten Fall löste Kemal Kayankaya, Arjounis wohl bekannteste literarische Figur, ein gewaltiges Echo aus. Der Mann trank bisweilen mehr, als ihm guttat, und er ermittelte schon mal in solchem Zustand. Er torkelte bzw. geriet dann aber nicht in kleinere Delikte hinein, sondern in richtig fette Brocken. Wenn er Fragen stellte, wurde ihm oft genug ein unfreundlicher Empfang bereitet – seine türkische Herkunft tat ihres dazu. Kayankaya ermittelte im Frankfurter Bahnhofsviertel, wo's ohnehin rau zugeht, und was ihm so an Bezeichnungen im breitesten Hessisch entgegenflog, verlangte dem Adressaten ein starkes Nervenkostüm ab. Der Privatdetektiv, der zwar Türke war, aber kein Türkisch sprach, hatte eines. Multikulti? Nicht bei Kayankaya. Wir erinnern uns: Er ermittelte erstmals 1985 – und da war's in Deutschland schon eine Sensation, dass die Grünen einen Umweltminister auf Landesebene (Hessen) stellten und der sich auch noch in Turnschuhen vereidigen ließ. Um wie viel mehr mochte da ein Privatdetektiv wie Kayankaya aus der Reihe tanzen, auch wenn der nur eine literarische Figur war, aber eben ein Außenseiter, dessen Schöpfer das Milieu so realistisch schilderte, dass es nicht mehr nur literarisch war. Arjouni war damals Anfang 20, und manch einer mochte kaum glauben, dass ein so junger Kerl so passgenau schreiben konnte, als hätte er die Altersweisheit eines mit allen Wassern gewaschenen älteren Herrn.

Wenig später reüssierte Arjouni beim bekannten Diogenes Verlag, und dann ging es Schlag auf Schlag. In wenigen Jahren hatte er sich etabliert, sein Stil galt als cool, seine Beobachtungsgabe war trainiert, wenn er gesellschaftlich Kritik übte, saß sie punktgenau. Doris Dörries' Verfilmung von Kayankayas ersten Ermittlungen – titelgleich mit dem Buch – darf als Ritterschlag gewertet werden. Noch im vergangenen Jahr meldete sich Kemal Kayankaya in Arjounis Buch Bruder Kemal zurück. Das ist nun – nach dem frühen Tod des Autors – ein Vermächtnis geworden. Man hätte beim Lesen der Nachricht lieber an eine Zeitungsente geglaubt.

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