Dakar 2013: Fünfkampf mit allen Mitteln

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Immer mehr zeichnet sich bereits nach dem ersten Drittel der aktuellen Dakar- Rallye ein Kampf nicht nur der Spitzenfahrer untereinander ab, sondern auch eine Auseinandersetzung unterschiedlicher technischer Konzepte. Klassische Permanent-Allradler mit entsprechender Leistungsbeschränkung (ca. 300 PS) gegen hoch motorisierte Buggies mit V8-Triebwerken (überwiegend von Toyota, Chevrolet und Ford) und gut 400 PS, die aber über nur eine angetriebene Achse in Sand und Geröll übertragen werden dürfen. Zudem haben die Buggies einen beträchtlichen Gewichtsvorteil. Lange, relativ ebene und somit schnelle Strecken mit hartem Fahrbahnuntergrund kommen somit den Buggy-Piloten entgegen, während die echten 4×4-Geräte sich im Tiefsand und bei steilen Dünenaufstiegen eher die Punkte holen.

Wie sieht es beim Personal aus? Stéphane Peterhansel befindet sich dort, wo er nach Meinung Vieler auch hin gehört: ganz vorne. Sein Mini läuft wie ein Uhrwerk, sein Copilot Cottret macht kaum Fehler bei der Navigation und Chef selbst ist in bewundernswerter körperlicher und geistiger Verfassung. Das genügte bislang, um den Ansturm der jungen Wilden mit bisher ca. 5 Minuten Vorsprung abzublocken. Nasser Al Attiyah auf dem Qatar RB-Buggy, ebenfalls einer der Dakar-Sieger, holt alles aus der Neukreation heraus, mal sehen, wie lange das gut geht. Teamkollege Sainz verlor seinen Einspruch wegen falsch programmierter GPS-Waypoint-Daten, die ihn nach seiner Meinung in die Irre geführt haben. Die Kommissare gaben dem Einspruch von Toyota und X-Raid statt, was Sainz mit anderen Zeitverlusten insgesamt über eine Stunde inzwischen gekostet hat. Sehr stark präsentiert sich erneut das südafrikanische Imperial Toyota-Team mit seiner Speerspitze Giniel de Villiers/v. Zitzewitz, die sich langsam aber von Tag zu Tag erfolgreich von Platz 10 bis auf Rang 3 vorgekämpft haben. Da passt alles zusammen: Der 4,6 Liter V8 des Toyota Pickup läuft wie am Schnürchen und der gewiefte Taktiker de Villiers (Sieger 2009) hat alles voll im Griff. Nur 28 Minuten Rückstand auf Al Attiyah bescheren dem südafrikanischen Team eine etwas unbequeme Sandwich- Position, da nur 29 Sekunden (!) dahinter bereits Leonid Novitskiy auf dem 2. Mini lauert. Und Nani Roma auf Mini Nr. 3 ist auch nur 5 Minuten entfernt. Schade, dass Alvarez/Graue auf einem identischen Toyota Hilux, der ebenfalls in Südafrika aufgebaut wurde, aber vom belgischen Toyota Overdrive-Team ins Rennen geschickt wird, und inzwischen auf Platz 3 (!) im Gesamtklassement vorgefahren war, nach einer Brachiallandung hinter einer Düne der Reihe nach fast alle Stoßdämpfer zerbröselte und viel Zeit verlor. Ach ja: Und was macht Robby Gordon in seinem Möbelwagen? Er bläst jeden Tag zu neuen Attacken, erringt mal Platz 2, um am nächsten Tag irgendwo ein riesiges Sandloch zu finden, in dem er seinen Speed-Hummer sorgfältig aufs Dach legt und gleich mal 5 Stunden fasst. Ein Kollege sagte mir am Satellitentelefon: Gordon scheint ein seltsames Gaspedal zu haben. Da gibt es nur 2 feste Einstellungen: null und voll, keine Zwischenstufen. Und Gordon scheint nur die eine bislang gefunden zu haben. Platz 43 ist wohl nicht das, was sich der US-Sunnyboy erträumt hatte. 6 Stunden hinter Peterhansel. Die 5. Etappe geht von Arequipa über insgesamt 509 Kilometer nach Arica. Es geht durch Anden, von Tal zu Tal: ein Tag der Navigatoren wohl. In der Tat hatten die Navigatoren einen erheblichen Anteil an den heutigen Ergebnissen. Doppelsieg für Nani Roma und Stéphane Peterhansel auf den beiden X-Raid-Minis. Dahinter tobte schon Gordon mit seinem unförmigen V-8-Speed-Hummer durchs Ziel, was ihn aber lediglich auf Platz 36 vor brachte. Giniel de Villiers pilotiert mittlerweile noch den einzigen Südafrika-Imperial-Toyota Hilux, da die Teamkollegen Vos/Howie ihren Sicherheitskäfig so zerknittert hatten, dass an ein Weiterfahren nicht mehr zu denken war. Schade. Die 2009er Sieger blieben cool, fahren weiterhin sehr überlegt, ihr Stil ist zwischen lauern und powern angelegt. So halten sie derzeit einen guten 3. Rang, nur knapp vor dem 3. Mini-Team mit Leonid Novitskiy. Das rein deutsche Privat-Team Kahle/Dr. Schünemann auf dem SAM-HS-Proto fühlt sich wieder wohler und belegt derzeit einen sehr guten 17. Platz, will aber unter die besten 10. X-Raid-Mitglied Stephan Schott auf dem roten Mini hat sich offensichtlich von Pech und Pannen der ersten 4 Tage blendend erholt und zeigte sich auf Rang 25 der Tageswertung. Respekt.Nun geht es durch die Atacama-Wüste nach Chile: die längste und eine der schwersten Etappen steht an.

Text: Frank Nüssel /CineMotBilder: Ch. Fortune/ HS-Team/X-Raid

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