Vor 60 Jahren, am 7. Oktober 1948, präsentierte Citroën auf dem Pariser Salon ein Fahrzeug, das für große Aufregung sorgte. Das kleine Blechgestell hörte auf den Namen 2CV. Dass dem hässlichen Entlein eine große Karriere bevorstehen sollte, ahnte damals kaum jemand.
Ganz im Gegenteil: Das Urteil der Presse war vernichtend, manche glaubten sogar, dass das Ganze nur ein Witz sei oder fragten, ob ein Dosenöffner mitgeliefert werde. Aber weit gefehlt: Das französische Unternehmen meinte es sehr ernst mit diesem kleinen Auto. Schon Mitte der 30er Jahre tüftelten Techniker um den Citroën Chef-Ingenieur Pierre Boulanger an der Idee eines bezahlbaren Wagens, der gerade der armen Landbevölkerung zu mehr Mobilität verhelfen sollte. Die interne Firmenlegende sagt, dass Boulanger Zielvorgaben waren, ein kleines und preiswertes Fahrzeug (TPV, Toute Petite Voiture) zu konstruieren, das viel Platz für den Transport von Kartoffeln bietet und dank seines Fahrwerks in der Lage ist, einen Korb Eier unbeschadet über holprige Feldwege zum Markt zu bringen. Um die Kosten zu senken, gab es nur einen Scheinwerfer, einfachste Sitze und statt eines Anlassers eine Drehkurbel. Eine Aluminiumkarosse sorgte für geringes Gewicht, die ungewöhnliche Wellblechstruktur für die nötige Stabilität und die Einzelradaufhängung für den Fahrkomfort.
Eigentlich war die Premiere für die Pariser Automesse 1939 gedacht. Der Zweite Weltkrieg kam aber dazwischen, und die Franzosen versteckten ihre Prototypen samt Plänen vor den deutschen Besatzern. Die entwickelten zur gleichen Zeit ebenfalls einen kleinen Wagen, den Käfer. Die Idee eines Volkswagens war zur dieser Zeit schließlich kein Einzelfall, was zum Beispiel auch der Fiat Topolino zeigte.
Nach dem Krieg hatte der Kleine seinen großen Aufritt. Das 373 cm3 starke Motörchen leistete zornige neun (9) PS. Das reichte für Höchstgeschwindigkeiten von knapp 60 km/h. Mit 4,5 Litern für die 100 km Wegstrecke galt er zur damaligen Zeit als sparsam.
Den Kunden war das Aussehen des 2CV gleichgültig, sie setzten auf seine inneren Werte. So betrug im Jahr 1950 die Lieferzeit sechs Jahre. Man musste Pfarrer oder immerhin Landarzt sein, um bevorzugt zu werden. Die sich in Geduld Übenden profitierten aber von den Weiterentwicklungen, die Citroën dem Wagen spendierte. So stieg die Leistung 1954 auf immerhin 12,5 PS, zwei Jahre später kam eine Version mit großem rechteckigen Heckfenster und Stoffdach auf den Markt, das im Jahr 1957 produzierte Exportmodell Luxe hatte sogar drei seitliche Fenster. Später verbesserte man sogar die Heizung. Eine Allrad-Variante, der 4×4 Sahara, mit zwei Motoren und zwei Tanks wurde 1958 vorgestellt.
1958 fanden auch die ersten Enten ihren Weg nach Deutschland. Den Vergleich mit dem Watschelgang-Vogel gibt es übrigens nicht in Frankreich. Hier heißt der 2CV (Deux Chevaux Vapeur für die französische KFZ-Steuerklassifizierung) einfach Döschwo.
In den 60er kommt optisch und motorisch Bewegung in die kleine Kiste. Eine neue Motorhaube mit fünf Sicken, dazu seitliche Entlüftungsöffnungen, ein geändertes Armaturenbrett: Die Ente sieht langsam richtig gut aus. Ihre Flugkraft steigt auf 14 und dann sogar auf 16 PS, Geschwindigkeiten von bis zu 100 km/h sind möglich. Der Verbrauch bleibt mit 5,5 Litern für die damalige Zeit genügsam. Ab Mitte der 60er werden die vorderen Türen nicht einfach eingesteckt, sondern mit Scharnieren angeschlagen. Der Kühlergrill erhält drei Querstäbe aus Aluminium, und die Stoßstange hat jetzt einen Gummibelag. Die luxuriösere Dyane wird ab 1967 produziert. Sie gilt zwar bei echten Fans nicht als richtige Ente, erreichte aber bis zum Produktionsende 1983 eine Stückzahl von 1,4 Millionen Einheiten.
Aber nicht nur technisch und optisch ist der 2CV gewandelt. Längst ist er nicht mehr nur praktisches Fahrzeug – neben der Limousine entwickelten sich auch schnell Transporterversionen -, sondern Ausdruck eines Lebensgefühls. Unabhängig, anders als die Eltern – die 1968 Revolution-Generation lässt grüßen – und eben immer noch preiswert im Unterhalt: Der 2CV mausert sich zum Protestauto oder zumindest zu einem Auto für die Jugend, jetzt immerhin mit 23 und 28 PS. Die Ölkrise in den 70er verhilft der Ente noch einmal zu einem Verkaufsschub, allein in Deutschland werden 1974 knapp 22.000 Stück verkauft. Auch zu internationalem Filmruhm gelangt der Franzose. Im James Bond Epos In tödlicher Mission stellte er seine Geländetauglichkeit und seine Robustheit unter Beweis.
Die technische Weiterentwicklung der Ente ist dagegen in den 70er ins Stocken geraten. Außer einigen Sonderlackierungen wie die zweifarbige Charleston-Ausgabe und der Wechsel der zwischendurch montierten viereckigen Scheinwerfer zurück zu klassisch runden Leuchten, passiert bis zu seinem Ende nicht mehr viel. Dafür steigt das Umweltbewusstsein der Käufer in den 80ern. Sparsam allein, reicht nicht mehr aus. Begriffe wie schadstoffarm, Katalysator, Sicherheitsfahrgastzelle, ABS und Airbag sind für den Franzosen eher Fremdwörter. Immerhin fußt er immer noch auf technischen Ideen aus den 30er. Die Ente an die neuen Herausforderungen anzupassen, wäre zu schwierig und auch zu teuer gewesen. So lassen die Verantwortlichen die Produktion auslaufen. Im Februar 1989 watschelt die letzte Ente vom Band im Pariser Werk Levallois, anderthalb Jahre später am 27. Juli 1990 endet die Produktion in Portugal. Insgesamt 3.868.633 gebaute Exemplare haben zum Mythos der Ente beigetragen. Eben: Ente gut, alles gut.
Text: Elfriede Munsch