Buchtipp der Woche

Christian Schröder: Hildegard Knef. Mir sollten sämtliche Wunder begegnen. Aufbau Verlag; 24,90 Euro.Schwarzkopf und Schwarzkopf Verlag; 19,90 Euro

Von manchen Prominenten glaubt man spontan, so viel zu wissen, dass ein weiteres Buch über sie doch überflüssig sei. Zum Beispiel bei Hildegard Knef. Aber halt – über jene Künsterin, die bis zu ihrem Tode am 1. Februar 2003 immer für eine Schlagezeile gut war, gab es bisher keine umfassende, kritisch-würdigende Biographie. Die hat der Journalist Christian Schröder nun vorgelegt.

Ihm ist es gelungen, das Leben und Werk der Hildegard Knef so zu schildern, dass aus dem Buch weder ein ausufernd dicker Wälzer wurde noch eine Darstellung, die irgendwann in Sympathie oder Abneigung umschlägt. Dafür hat er Knefs Nachlass umfassend ausgewertet und sich mit Menschen unterhalten, die im Leben der Schauspielerin, Sängerin und Buchautorin eine wichtige Rolle spielten. Und das waren nicht wenige.

1952 macht sie Schlagzeilen – mit dem Film Die Sünderin wegen einer Nacktszene, die aus heutiger Sicht diese Bezeichnung kaum mehr verdiente. 1963 veröffentlicht die größte Sängerin der Welt ohne Stimme, wie Ella Fitzgerald die Knef nannte, ihre erste Langspielplatte – und ruft kontroverse Reaktionen hervor. 1975 macht sie in einem Buch Das Urteil ihre Brustkrebs-Erkrankung öffentlich – darüber sprach man doch zu der Zeit nicht, und schon gar nicht so offen! Eben darum wird Das Urteil nicht nur ein Verkaufserfolg, sondern löst eine öffentliche Diskussion über das bisher so gern verschwiegene schwierige Thema aus. Das gelingt ihr 1980 noch einmal – mit kurz zuvor erfolgtem chirurgischem Facelifting, der Botox-Trend liegt noch in weiter Ferne. 1999, da ist sie 73, nimmt sie mit dem Jazz-Trompeter Till Brönner die ersten Lieder nach fast 20 Jahren Pause auf, die ein respektabler Erfolg wird. Ihre Beerdigung in Berlin nimmt schließlich fast den Charakter eines Staatsbegräbnisses an.

Immer ihrer Zeit voraus weil mutig genug, um künstlerisch nie stehenzubleiben, gesegnet mit einem jungen Kopf, der körperlichen Krankheiten bis zuletzt trotzen konnte sowie mit Talent, Disziplin und Charisma, die sie bis zum Broadway trugen, dazu in ihrer Persönlichkeit zu sperrig, um als bloße Glamour-Ikone blinde Bewunderung zu erlangen und viel zu ehrlich, um die Ecken und Kanten ihrer Persönlichkeit – wie einen ausgeprägten Astrologie-Tick, zeitweilige Medikamentenabhängigkeit und schwierige Liebesbeziehungen – um des bloßen Eindrucks nach außen willen zu leugnen: Christian Schröder beschreibt die Person Hildegard Knef mit so viel Nähe, dass es eine spannende Darstellung wird und mit so viel Distanz, dass er sich von allem Klatsch und Tratsch fernzuhalten versteht. Roger Willemsen hat ein feinfühliges Vorwort beigesteuert, dazu gibt es eine umfassende Filmographie und Discographie.

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