Sie gehörte zu Frankreich wie Baguette, Citroëns 2CV, Camembert und Vin rouge. Die Vélosolex, das „Fahrrad, das von alleine rollt“, so die zeitgenössische Werbung, machte in den Nachkriegsjahren die „Grande Nation“ mobil. Der Schauspieler Jacques Tati rollte mit ihr in dem Film „Mon Oncle“ zu seinem ungeliebten Arbeitsplatz, und für Millionen Franzosen war das urige Gefährt unverzichtbar. Rund acht Millionen Zweiräder mit seinem auf dem Vorderrad aufsetzbaren Hilfsmotor wurden insgesamt abgesetzt. War der Spritvorrat aufgebraucht oder die Steigung zu steil (was schnell der Fall war) mussten die Pedale eingesetzt werden.
Doch der wachsende Wohlstand rollte das Vehikel schließlich zunehmend ins Abseits, und 1988 war endgültig Schluss. Die Fabrik wurde geschlossen und die Fertigungsanlagen nach China verkauft, wo allerdings nie produziert wurde. Auch der Versuch, die Herstellung in Ungarn wiederzubeleben, scheiterte nach kurzer Zeit schließlich an mangelhafter Qualität. Inzwischen nun ist die Solex wieder in ihre Heimat zurückgekehrt, und demnächst wird es sogar eine Hybridversion des Klassikers geben.
Zwar darf die neue Vélosolex aus juristischen Gründen nicht mehr ihren alten Namen tragen (die Rechte liegen bei Yamaha) und rollt nun als Black'n Roll aus der Fabrik im nordfranzösischen Couurières, doch Design und Technik wurden unverändert vom Vorbild übernommen, so dass sie nichts von ihrem anachronistischen Charme verloren hat. Außerdem lassen sich die klassischen Schriftzüge nachrüsten. Gleichzeitig wurde die rollende Legende auf den Stand der Technik gebracht. So besitzt die aktuelle Solex inzwischen einen elektrischen Anlasser – früher musste man die Maschine anschieben, und auch die damals zu einer äußerst defensiven Fahrweise erziehende schwächliche Bremsanlage wurde gegen zwei Trommelbremsen mit einem Durchmesser von 80 mm ausgewechselt. Geblieben ist die automatische Kraftübertragung. Angetrieben wird der modernisierte Veteran von einem 39,5 ccm großen Zweitaktmotor, der 0,62 kW oder eine knappe Pferdestärke leistet, was immerhin für eine Höchstgeschwindigkeit von 35 km/h ausreichen soll. Bei einem Verbrauch von 1,1 l/100 km und einem Tankinhalt von 1,4 Litern für das Zweitaktgemisch kommt die Solex etwas weiter als 100 Kilometer. Und noch etwas hat sich geändert: Gab es die klassische Solex nur in Schwarz, so ist die Black'n Roll in mehreren Lackierungen lieferbar. So viel „Fortschritt“ hat seinen Preis: Die Black'n Roll kostet 1.070 Euro.
Mitte des Jahres soll nun nach einer vierjährigen Homologationsphase die nächste Entwicklungsstufe zünden. Die neue Hybridversion der Solex kombiniert einen in der Hinterradnabe montierten Elektroantrieb (36 V – 250 W) mit dem klassischen Frontmotor. Im rein elektrischen Betrieb kommt das Rad so auf eine Reichweite von 30 bis 40 Kilometern, bis der Lithium-Ionen-Akku fünf Stunden lang geladen werden muss. Mit dem erwarteten Preis von weniger als 2.000 Euro liegt die Hybridversion des Klassikers auf dem Niveau eines E-Bikes. Eine „Chopper-Variante“ des Hybridrades soll ebenfalls demnächst auf den Markt rollen.
Nachdem das Gefährt jahrelang in Vergessenheit geraten war, kommt demnächst noch eine weitere, rein elektrisch angetriebene Variante auf den Markt, die zudem den traditionellen Namen tragen darf. Die e-Solex – das stark am klassischen Vorbild angelehnte Design stammt von Pininfarina – soll in zwei Varianten zu Preisen von 1.695 Euro an vom belgischen Unternehmen D'Ieteren Sport angeboten werden. Die beiden Versionen unterscheiden sich nur in der Höchstgeschwindigkeit, die bei 25 bzw. 45 km/h liegt.
Text: Spot Press Services/Walther Wuttke
Fotos: Vélosolex, SPS