Liebe Leserinnen!
Liebe Leser!
Wenn wir, Kolleginnen und Kollegen aus der Branche der Autojournalisten, Ihnen an dieser Stelle tagtäglich neue Produkte aus der Autoszene näher bringen, dann steckt da naturgemäß neben vielen persönlichen Eindrücken und Erfahrungen auch jede Menge Technik in unseren Elaboraten. Ein Auto erklärt man nun einmal am besten damit, indem man wiedergibt, wie groß es ist, welchen Kofferrauminhalt es hat, wieviel PS es leistet, wie schnell es fährt und was es kostet. Um nur einige der erforderlichen Parameter zu nennen.
Einer der am häufigsten strapazierten Begriffe ist dabei der der Beschleunigung. Was nichts anderes ausdrückt, als den messbaren Wert zu ermitteln, mit welcher Geschwindigkeit sich ein Fahrzeug aus dem Stand heraus bis zu einer fest markierten Geschwindigkeitsgrenze bewegt. Der Begriff „Beschleunigung“ gehört also zum gängigen Vokabular, wenn es darum gehört, ein Automobil irgendwie im Kreise seiner Konkurrenten einzuordnen. Nichts sonderlich Aufregendes eben.
Um so erstaunlicher, dass ich vor einigen Tagen beim Studium eines Textes, der völlig fern von jeglicher Attitüde eines Autojournalisten liegt, einen völlig konträren Begriff gefunden habe, der allmählich zum Modewort wird und dennoch nicht fest definiert ist. Da war, als es darum ging, den Weg nicht mit einem Auto im alltäglichen Straßenverkehr, sondern vielmehr den Weg zu uns selbst, zu unsere persönlichen Wünschen, Zielen und Wertvorstellungen zu finden, von der „Entschleunigung“ die Rede.
Gewiss, es war nicht das erste Mal, dass mir dieses Wort, das dann doch wohl das Gegenteil von beschleunigen sein soll, irgendwo unterkam. Aber, so dachte ich mir, so richtig Gedanken über dieses Kunstwort „entschleunigen“, das ja eigentlich einen Widerspruch in sich selbst birgt, haben sich wohl die wenigsten unter uns gemacht. Womit ich nicht (nur) uns Autojournalist(inn)en meine. Vielleicht deshalb, weil wir im ständigen Beschleunigen des Alltages, in der Hast und Hetze der Termine, im permanenten, nervigen Vorwärtskommen und Drängeln den Überblick und die Fähigkeit zur so genannten „Entschleunigung“ verloren haben.
Wann, liebe Leserinnen und Leser, haben Sie sich eigentlich zum letzten Mal in Ihr Auto gesetzt ohne besonderes Ziel, ohne besonderen Auftrag, ohne besonderen Grund und Anlass, eine bestimmte Fahrstrecke bewältigen zu müssen? Einfach so, nur um mal „ins Blaue“ zu fahren. Klar, auch dieser Begriff stammt noch aus jener Zeit, als das böse Schimpfwort des „Sonntagsfahrers“ erfunden wurde, der eben nur in der Lage ist, den Verkehr aufzuhalten. Mein Tipp daher: Fahren Sie – wenn es die Zeit zulässt – einfach mal irgendwohin in Ihrer näheren Umgebung. Klar, jetzt wird es wieder heißen, an dieser Stelle wird wieder zur ultimativen Verschwendung nicht erneuerbarer Energie und Verpestung unseres Lebensraums aufgerufen. Ich will es ja auch nicht übertreiben, aber überraschen Sie sich doch selbst einmal mit einem kurzen Trip, der nicht sein muss. Der nicht geprägt ist von Terminpflicht. Entschleunigen Sie mal beim Beschleunigen. Sie werden sehen, es geht.
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen ein möglichst entschleunigtes Wochenende.
Ihr Jürgen C. Braun