Dakar 2020: Start mit deftigen Überraschungen

Am 5. Januar 2020 nahmen sichtbar weniger Fahrzeuge die Hatz durch die arabische Wüste auf, als bei der letzten Südamerika-Rallye. Die Hafenstadt Dschiddda hatte sich für den Start feingemacht. Die erste Etappe der 7.500 Kilometer langen Premieren-Tour durch die arabische Halbinsel wurde zur Beute eines absoluten Überraschungsteams: Die beiden Litauer Vaidotas Zala und Saulius Jurgelėnas hatten sich für einen JCW-MINI des X-raid-Teams (Nr. 319) entschieden und zeigten gleich, wie sie sich die 12-tägige Tour vorstellen: Fehlerfrei, ohne technische Probleme, mit Hirn und Herz zugleich spulten sie das Tagesprogramm ab und siegten zum ersten Mal auf einer Dakar-Etappe. Sie nahmen dem Mitfavoriten Stéphane Peterhansel auf dem MINI Buggy (302) mal so eben 2:14 Minuten ab. Chapeau! Carlos Sainz auf dem zweiten X-raid-Buggy (305), der ebenfalls zu den hoch gehandelten Mitfavoriten zählt, ließ nichts anbrennen und durfte als Tages-Dritter mit aufs Podium.

Und wo blieben die bärenstarken V8-Benziner von Toyota Gazoo? Erst auf Platz 4 lief der letztjährige Dakar-Sieger Nasser Al-Attiyah ein (Nr. 300) und brachte ein Minus von 5,5 Minuten mit ins Biwak. Teamkollege Bernhard ten Brinke (307) brauchte noch eine Minute länger. Der stille „alte Fuchs“ Orlando Terranova aus Argentinien, seit langen Jahren Stammpilot bei X-raid, zirkelte seinen JCW-Mini (311) mit großer Sorgfalt durch Sand und Fels, lief auf Rang 6 ein. Nächste Überraschung: Der Franzose Mathieu Serradori mit Fabian Lurquin als „Ansager“ hat sich für sein eigenes Team einen SRT-Buggy mit V8-Chevy-Triebwerk aufgebaut, das vor Kraft „kaum laufen“ kann. Tagesrang 7 zeugt von guter Tagesdisposition der beiden Franzosen. Auch Fernando Alonso im vierten Gazoo-Hilux machte bei seiner ersten Dakar einen ordentlichen Job: Mit dem 11. Tagesrang dürfte Teamchef Glyn Hall sehr zufrieden gewesen sein.

Martin Prokop aus Tschechien hielt seinen Ford F150 Evo DKR an kurzen Zügeln: „Man muss ja nicht am ersten Tag einer 12-Tages-Reise gleich voll auf Sieg fahren, mein Gaspedal hat noch viel Platz nach unten!“ Eine klare Ansage an die Konkurrenz.

Tag 2 (6. Januar): Für einige die erste Möglichkeit, die zum Teil nicht zufriedenstellenden Ergebnisse des Vortags wieder ins Lot zu bringen. Die beiden Litauer auf dem MINI machten also die Pace, dahinter aber drehten einige der Favoritenteams mal ordentlich am Gashahn. Was aber bei der Struktur dieser Tagesetappe nicht gerade vorteilhaft war. Zwischen Sand und schroffen Gebirgsformationen waren kapitale Felsbrocken versteckt, die einigen Fahrern zum Verhängnis wurden. Am heftigsten erwischte es Alonso (310), der eigentlich recht komfortabel unterwegs war. Beim Aufprall auf einen Stein riss er sich das linke Vorderrad mit einem Teil der Antriebswelle und Aufhängung ab. Die „Belohnung“ lag dann bei einem Zeitverlust von gut 2,5 Stunden. Und Platz 45 von verbliebenen 71 Fahrzeugen. Das Toyota-Gazoo-Team war auch jenes, das mit 11 „Platten“ an diesem Tag den Rekord aller Teams aufstellte. Nur einer blieb verschont: Giniel de Villiers, der seinen Hilux (304) nicht nur sauschnell, sondern zugleich schonend durchs Geläuf trieb. Sein Tagessieg war mehr als verdient. Ähnliches gilt für den Tageszweiten Terranova, der sich damit an die Spitze der Gesamtwertung katapultierte und somit zurzeit bester MINI-Fahrer ist. Außer den Felsen im Sand machte die Navigation üble Probleme, so dass das Gros der Fahrer auch dabei Zeit lassen musste. Scheich Al Qassimi auf dem etwas betagteren Peugeot 3008 DKR kletterte mit beherzter Fahrt als Dritter noch mit aufs Podium. Gleich dahinter Mathieu Serradori auf seinem SRT-V8-Buggy, dem Al-Attiyah mit knapp 12 Minuten Zeitnachteil folgte. Vortagessieger Zala (MINI 319) liegt auf Platz 5, Sainz (MINI 305) direkt dahinter. Nun kommen noch längere Etappen. Es bleibt spannend.

Fotos: x-raid Presse

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