Petra Drews: Einfach abgehoben. Ein Jahr USA. Rowohlt Taschenbuch Verlag (rororo rotfuchs); 6,95 Euro
Wer täte es nicht gerne – einfach aussteigen und abhauen, wenn das tägliche Treiben und Tun zuhause nur noch grau in grau erscheint… Kathi freilich, für ein knappes Jahr als Austausch-Schülerin nach Kalifornien entsandt, sieht das mit gemischten Gefühlen: Einerseits freut sie sich auf die Abwechslung, andererseits wird es keineswegs Urlaub ohne die geringste Spur von Alltag werden. Dass zum Beispiel die Schulen in den USA einen ganz anderen Stellenwert haben als in Deutschland, wird ihr noch vor dem ersten Schultag klipp und klar. Zu allererst schenkt ihr der Neffe ihrer Gastfamilie ein grünes Sweatshirt mit dem Logo ihrer Schule: Wer zur Schule gehört, trägt so etwas mit Freude, und Diskussionen über das Für und Wider von Schuluniformen kommen gar nicht erst auf. Der Unterricht ist umfassender als das, was sie von zuhause kennt, ganz klar wird Schule hier nicht bloß als Bildungsanstalt verstanden, in der die Absolventen in erster Linie mit möglichst viel abfragbarem Wissen abgefüllt werden. Sie hat auch viel mit Persönlichkeitsbildung zu tun. Kathi kommt gar nicht dazu, sich über all das groß Gedanken zu machen: Sie muss sich schnell hineinfinden.
Dass ihr das gelingt, liegt nicht zuletzt an der Gastfamilie, in der die Mutter wesentlich agiler wirkt als ihre schlafmützige Tochter in Kathis Alter. Dass sie aber auch mit voller Wucht in verschiedene Fettnäpfchen tritt, liegt an den zum Teil extremen kulturellen Unterschieden. Extrem? Ja, genau so muss man's wohl im Alltag empfinden, wenn man aus der Schule einen lauen Halbtagsjob gewöhnt ist und sich plötzlich in einem Schulsystem wiederfindet, in dem es zum guten Ton gehört, von früh bis nachmittags Unterricht zu haben und in dem es selbstverständlich ist, ständig Tests und Überprüfungen zu schreiben. Auch die Grenze zwischen echter Höflichkeit und bloßer Oberflächlichkeit ist für Kathi zunächst extrem schwer auszuloten, und dann erfährt sie auch noch, wie schnell man in einem Nebenjob als Moderatorin Karriere machen – und alsbald wieder fallen gelassen werden kann. Nach allen Hochs und Tiefs fällt ihr Fazit eindeutig aus: Das bleibt nicht der erste Besuch.
Petra Drews' Buch über den amerikanischen Alltag aus Sicht einer Schülerin macht Spaß, wirkt manchmal ein wenig überzeichnet, aber niemals diffamierend. Absolut überzeugend beschreibt sie aus Kathis Sicht, wie kurz ein Jahr einerseits ist, wie extrem langsam aber die Tage andererseits vergehen können. Sofern man noch nicht richtig Fuß gefaßt hat. Ist das aber erst mal gelungen, läuft einem die Zeit nur so weg. Wer also mit dem Gedanken spielt, dem Schulabschluss ein Austausch-Jahr anzuhängen, bevor es in Richtung Ausbildung oder Studium geht, bekommt mit diesem Buch einen guten Eindruck davon, worauf man sich einlässt.