„Wie leise es ist, hier im Friedwald. Und wie leicht die Bilder kommen, wenn man still wird.“
Gibt es noch Tabu-Themen in einer Welt voller Medien? Der Tod und das Sterben sind zwei. Wie sehr, wird einem beim Lesen von Lea Söhners Erzählung bewusst. Umso wertvoller ist es, wenn der Bruch des Tabus gelingt, behutsam und umsichtig.
Die Kapitelüberschriften sind ganz einfach Vornamen, manchmal um eine Verwandtschaftsbezeichnung ergänzt. Und sie weisen darauf hin, was die Autorin mit ihrer Erzählung tut: Sie erzählt von Menschen und ihrem Lebensweg. Einem Lebensweg, in dem der Tod immer eine Rolle spielt.
Ja, aber das ist doch selbstverständlich, mag man jetzt einwenden. Genau das ist es oftmals nicht. Lea Söhner schreibt, wie es der Untertitel sagt, vom Leben und vom Sterben. Sie tut es in einer klaren, unkomplizierten Sprache. Sie schreibt von Demenzerkrankungen ebenso wie von Trümmerfrauen (ein Substantiv, das schon bald unverdient zu den vergessenen Wörtern gehören mag), von Grabinschriften, von Musik, die Trauerfeiern begleitet und von vielem mehr. So lässt sie keinen Aspekt aus, der zur Endlichkeit des Lebens gehört. Sie umschreibt das Sterben und den Tod nicht, im Gegenteil, sie bringt alles klar und schön auf den Punkt.
Und wenn sich in Söhners Erzählung, zum Ende hin, die Dunkelheit im Friedwald ankündigt, hat man ein ungewöhnliches Buch zweifellos mit großem Gewinn fast zu Ende gelesen. Um es sicher irgendwann wieder (und wieder) zur Hand zu nehmen.
Lea Söhner: Die Vögel singen weiter. Vom Leben und vom Sterben. Tredition; 12, 50 Euro.