Leipzig: Eine Stadt im Messefieber

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Wäre ich mal nur öfter ins Fitnessstudio gegangen in den letzten Monaten! Spätestens auf dem Weg zum Leipziger Messegelände, hier auf der Buchmesse in Leipzig im Frühjahr 2008, hätte sich das ausgezahlt. So werde ich die Fahrt im vollbesetzten Bus der Linie 16 nur mit heftigem Einziehen meines Waschbärbauchs bewältigen. Was, wie sich außerdem herausstellt, eine ausgezeichnete Vorübung für die nächsten Tage ist. Jeder Bus zum Messegelände ist gut besetzt, die Mehrzahl so, dass kein Sitzplatz mehr zu ergattern ist. Eigentlich kein Wunder – bei 129.000 gezählten Besuchern insgesamt.

Auf die AMI, die am 5. April ihre Tore öffnet, wird in großen Lettern hingewiesen, genau zwischen den Hallen auf einem Transparent, an dem man nicht vorbeikommt. Leipzig ist eine Stadt mit viel Messe-Selbstbewusstsein, und sie ist sich dieser Tradition absolut bewusst. Davon zeugt unter anderem die Gastfreundschaft, die dem literarischen Gastland – heuer ist es die Türkei – jährlich zuteil wird. Dem Begleitprogramm Leipzig liest hat sich nicht nur das Messegelände, sondern auch die Innenstadt verschrieben. Manche Buchhandlung schließt ihren regulären Betrieb sogar etwas früher, um die Messeveranstaltung in den eigenen Räumen angemessen ausrichten zu können.

Die Taxifahrer können sich über den Andrang nur freuen, denn auswärtige Besucher reisen verstärkt nicht mit dem eigenen Auto an. Sie wollen in diesen Tagen nicht auch noch selbst am Steuer sitzen. Für die Taxifahrer heißt das: Sonderschichten einerseits, gute Verdienstmöglichkeiten andererseits. Die Fahrten führen bisweilen übrigens auch in die Nachbarstädte Dessau und Halle, ganz einfach, weil die Hotels in der näheren Umgebung von Leipzig bereits lange vor Messebeginn restlos ausverkauft sind.

Wer es irgend einrichten kann, sollte in der Tat einen Stadtbummel beim Messeaufenthalt fest mit einplanen. Im Café Riquet zum Beispiel (Innenstadt, Nähe Specks Hof) erlebt man hautnah eine weitere Tradtion der Messestadt – die nämlich nicht umsonst auch als Metropole des süßen Gebäcks gilt. Im Café Riquet scheint die Zeit stehen geblieben zu sein, und so wirkt es umso erholsamer, von innen dem hektischen Treiben auf den Straßen zuzuschauen. Der den Sachsen zugeschriebene Bliemchenkaffee (so dünn, dass man das Blumenmuster auf dem Grund der Tasse erkennt) dürfte übrigens entweder längst Geschichte oder sowieso eine Anekdote ohne Wahrheitsgehalt sein, denn mit den braunen Bohnen wird in Leipzig keineswegs gegeizt. Ganz gleich, ob man sich einen einfachen Kaffee oder eine Latte Macchiato bestellt. Generell geht es übrigens kulinarisch eher international als traditionell zu in der Innenstadt: Australische Spezialitäten, irische Pubs, asiatische Restaurants, Bagel-Spezialisten … nicht nur die Liebe, sondern auch die Globalisierung geht offensichtlich durch den Magen.

So wie die Kaffeehäuser gehören auch die Passagen untrennbar zum Stadtbild von Leipzig. Mädlerpassage, Strohsack-Passage, Messehof … sie alle entfalten ihren Charme vor dem Besucher. Hier finden sich neben den bekannten Kabarettbühnen der Stadt allerlei Läden – in deren Schaufenstern freilich die Preisschilder an der Ware bisweilen aus gutem Grunde fehlen. Wenn etwa eine nur etwas ausgefallen getrimmte Jeans im Ladeninneren ein Preisschild von 399 Euro offenbart, dann reibt man sich schon mal die Augen – ein Betrag, von dem so mancher seinen monatlichen Lebensunterhalt bestreiten muss.

So etwas immerhin dürfte nicht die Regel sein, denn in Leipzig lässt sich das Reisebudget auch gut zusammenhalten, wenn man das möchte oder muss. Wer ein originelles Mitbringsel sucht, sei noch auf den VIBA SWEETS-Shop in der Peterbogen-Passage hingewiesen (Petersstraße 36-44). Hier bietet der Hersteller preisgüngstig allerlei Süßigkeiten vor allem aus Marzipan und Nougat an. Die klassische Nougatstange, seit 1920 unverändert hergestellt, ist ein echter Geheimtipp für Süßschnäbel.

Buchtipp zur Reiseplanung und für unterwegs: Marco Polo Leipzig. Mair Dumont Verlag; 9,95 Euro.

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