Automobil-Zulieferer: Fusionen rechnen sich

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Die Globalisierung im Automobilmarkt setzt die Zulieferindustrie zunehmend unter Handlungsdruck. Nationale und internationale Zusammenschlüsse von Automobilzulieferern schaffen überdurchschnittlichen Wertzuwachs. Börsen reagieren auf Mergers & Acquisitions (M&A) in der Automobilzulieferindustrie deutlich positiver als auf Fusionen in anderen Branchen. So steigen bereits nach Ankündigung einer strategischen Unternehmenstransaktion häufig die Aktienkurse der beteiligten Automobilzulieferer. Dies gilt für nationale und internationale Zusammenschlüsse, wie die jüngste Oliver Wyman-Studie Mergers & Acquisitions in der Automobilzulieferindustrie belegt. Vor allem Tier-1-Supplier sollten in puncto M&A einen Gang höher schalten. Denn sie geraten durch die im Zuge der Globalisierung gestiegenen Ansprüche der Automobilhersteller zunehmend unter Druck, schnell die erforderliche kritische Größe zu erreichen. Allerdings stellt der M&A-Prozess auch die Automobilzulieferer vor Herausforderungen. Zusammenschlüsse können helfen, Wachstum zu generieren, Wirtschaftlichkeit und Wettbewerbsfähigkeit zu erhöhen und den Shareholder Value zu steigern. Viele Automobilzulieferer erkannten das in den vergangenen Jahren und verstärkten ihre M&A-Aktivitäten. Das globale Dealvolumen verzehnfachte sich in der Zeit zwischen 1990 und 2005. Durch die Globalisierung hat sich die Zahl der international aufgestellten Automobilhersteller in der Triade im Zeitraum von 1980 bis 2007 von 32 auf 14 reduziert. Zugleich richten die Hersteller ihre Beschaffung sowie ihre Investitions- und Personalpolitik verstärkt an globalen Benchmarks aus und reduzieren die Zahl ihrer Direktzulieferer auf einige wenige ausgewählte Systemlieferanten. Diese müssen immer komplexere Systeme und Module liefern und weltweit alle relevanten Produktionsstätten ihrer Kunden abdecken. Zudem entstand durch die Liberalisierung des Handels und durch den wirtschaftlichen Aufschwung Chinas ein neues Wettbewerbsumfeld.Noch aber überwiegt bei vielen Automobilzulieferern die Skepsis. Für sie sind die Risiken von M&A oft größer als die Chancen, denn ihre finanziellen, personellen und logistischen Ressourcen sind geringer als die der Hersteller. So glauben in Umfragen nur rund 40 Prozent aller M&A-Entscheider, dass Zusammenschlüsse den Unternehmenswert steigern. Die Marktkapitalisierung wuchs durchschnittlich um 23,7 Millionen US-Dollar. Vergleichsbranchen schneiden erheblich schlechter ab. Die Aktienkurse von, Telekommunikationsanbietern, Banken und Energieversorgern wiesen bei M&A-Aktivitäten maximal Nullrenditen auf. Auch bei grenzüberschreitenden Fusionen sind die Automobilzulieferer gegenüber anderen Branchen im Vorteil. Trotz kultureller und sprachlicher Risiken reagieren die Aktienmärkte auch bei internationalen Deals positiv. Legten bei nationalen Transaktionen die Kurse um durchschnittlich 1,8 Prozent zu, beliefen sich die Steigerungsraten bei internationalen und transkontinentalen Transaktionen im Durchschnitt auf 1,5 bzw. 1,6 Prozent.Ein positives Beispiel für einen erfolgreichen Zusammenschluss in der Automobilzulieferindustrie ist die Übernahme der britischen Draftex International Car Body Seals Division durch die US-amerikanische GenCorp im Jahr 2000. Mit diesem Deal wollte der Käufer neue Kunden und Technologien gewinnen. Statt einer typischen Integration gründete GenCorp ein neues Unternehmen. Zielvorgabe für die als GDX Automotive firmierende Gesellschaft waren die Diversifizierung der Kundenbasis, die technologische Führung bei Karosseriedichtungen und die Expansion in den wachsenden asiatischen Markt. Trotz des für Investoren zunächst unspektakulären Themas Karosseriedichtungen hat diese Transaktion von Anfang an überzeugt. Die bestehenden Kunden und Technologien ergänzten sich perfekt und GDX Automotive hatte eine glaubhafte technologische Vision, eine klare Kundenbotschaft sowie ein globales Ziel.Eine weitere Transaktion, die nicht nur von einem Streben nach Größe motiviert war, ist der Zusammenschluss der britischen Wagon Industrial Holdings mit der deutschen Ymos Door Systems im Jahr 1998. Beide Unternehmen haben sich auf die Herstellung von Türsystemen für Automobile spezialisiert. Das primäre M&A-Ziel war die Etablierung als führender Technologiepartner für Automobilhersteller. Ymos bereicherte das Kundenportfolio von Wagon mit deutschen Top-Erstausrüstern. Ferner bezweckte Wagon mit der Übernahme, zum Marktführer für Türsysteme für Automobile in Europa aufzusteigen und von dort aus weitere Akquisitionen in Angriff zu nehmen. Aus den ähnlichen Technologien und Produktionsprozessen ergaben sich Synergien, so dass die komplementären Fähigkeiten der Unternehmen sowie ihre Kundenbasis geschickt genutzt wurden, um spezifische Expansionsziele voranzutreiben.

Text: Erwin Halentz, Foto: Leipziger Messe

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