Buchtipp der Woche

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Helge Timmerberg/Frank Zauritz: Timmerbergs Tierleben.
Solibro Verlag; 14,90 Euro.

Vorsicht – da ist Eugen! Eugen ist ein Alligator, dessen Alter sich nicht mehr genau angeben lässt. 20 Jahre alt ist er mindestens – das weiß die Tierpflegerin, die ihn schon betreute, seit sie ihren Dienst im Zoo antrat, und das ist eben genau 20 Jahre her. Eugen könnte aber auch schon 30 oder 40 Jahre alt sein. Und jener Arbeiter, der bei Reparaturen genau auf den Rand von Eugens Becken fiel, hatte wirklich großes Glück: Er lief im wahren Wortsinn um sein Leben – das beim Sturz gebrochene Schlüsselbein fiel ihm erst später auf. Der Mann hatte Glück, weil Eugen gerade im Moment dieses Sturzes einmal faul war. Zu faul jedenfalls, um Beute machen zu wollen.

Lars ist viel friedlicher. Und ein netter Charakter, wie sein Pfleger betont. Ein Besucher wollte mit Lars auf Tuchfühlung gehen. Lars (nett, wie er eben ist) hat ihn freundlich gestreichelt. Bloß – wenn Lars streichelt, dann empfindet ein zweibeiniges Wesen die Berührung schon als recht schmerzhaft. Denn Lars ist ein Eisbär und in seinem Zoo vorrangig zuständig für die Sicherung von Eisbären-Nachwuchs. Was er ebenso gerne wie gewissenhaft tut.

Helge Timmerberg und Frank Zauritz haben Tiere im Zoo besucht, ihre Pfleger über Lebensweise und Gewohnheiten dieser Tiere befragt und dabei allerlei Wissenswertes, zahlreiche Ankedoten und nicht zuletzt wunderschöne Fotos zusammengetragen. Und wenn Timmerberg, hauptberuflich rasender Reporter im besten Wortsinn, nicht ausnahmsweise mal einen freien Tag gehabt hätte, ohne recht zu wissen, wie er ihn verbringen sollte – ja, dann wäre ein vergnügliches, informatives und auch noch durch Fotos beeindruckendes Buch nicht geschrieben worden. Kein anderer als Heinz Sielmann übrigens bestätigt mit einem Vorwort, dass das, was Timmerberg schreibt, nicht nur ansprechend geschrieben ist, sondern auch wirklich stimmt.

Ganz nebenbei entlarven Timmerberg und Zauritz, wie sehr manches Klischee – gerade über die Tierwelt – bloß darauf beruht, dass man menschliche Maßstäbe kritiklos auf Tiere überträgt. Das muss schief gehen. So ist der Wolf an sich keineswegs einsam – höchstens dann, wenn er nicht die Gesellschaft des Rudels hat. Ein Schwein ist alles andere als dumm, ebenso wenig fehlt ihm der Sinn für Reinlichkeit. Am Beispiel des Warzenschweins lässt sich besonders gut darstellen, wie sehr das entsprechende Klischee an der Wirklichkeit vorbei geht.

Nicht zuletzt brechen Timmerberg und Zauritz eine Lanze für den (gut und enagiert geführten sowie gewissenhaft unterhaltenen!) Zoo an sich: Was manche Naturschützer als Tierquälerei brandmarkten, ist mitunter nichts anderes als einer der wenigen praktikablen Wege des Artenschutzes. Vom Amur-Tiger etwa gibt es weltweit nur noch 200 lebende Exemplare. Und erst wenn es weniger als 120 sein werden, gilt dieser Tiger als ausgestorben. Dafür zu sorgen, dass es nicht so weit kommen möge – auch das ist eine Aufgabe des Zoos.

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