Buchtipp der Woche

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Rolf Bossi: Halbgötter in Schwarz. Deutschlands Justiz am Pranger.
Eichborn Verlag, 22,90 Euro.

50 Jahre Erfahrung als Strafverteidiger sind in die überaus gnadenlose Abrechnung Rolf Bossis mit der deutschen Rechtssprechung eingeflossen. Muss man Bossi noch vorstellen? In die Schlagzeilen geriet er vor allem, wenn er prominente Mandanten vertrat, zum Beispiel die Schauspielerin Ingrid van Bergen, die 1977 ihren Lebensgefährten im Affekt erschoss.

Seinem Ruf als Promi-Anwalt freilich wird Bossi in diesem Buch nicht gerecht, denn eigentlich könnte sein Thema so unspektakulär sein, dass es gar keinen Stoff für eine Abhandlung abgäbe. Aber: Etwas ist faul im Rechtsstaat Deutschland, und deswegen dieses Buch. Bossi geht es um das Grundsätzliche am Rechtssystem, um Mängel in der Strafprozessordnung, um problematische Darstellung von Zeugenaussagen und kaum nachvollziehbare Wege der Urteilsfindung.

Schon der Titel ist kämpferisch: Halbgötter in Schwarz – da geht einer auch mit der eigenen Zunft im wahren Wortsinn hart ins Gericht. Fast lässt sich sagen: Je gravierender das Delikt, umso größer die Mängel im System der Rechtsfindung und Rechtssprechung. Auch macht er konkrete Vorschläge, wie dieses System im Interesse der Gerechtigkeit sicherer gemacht werden kann.

Niemandem ist zu wünschen, vor Gericht erscheinen zu müssen. Eine Situation aber, in der man z. B. als Zeuge aussagen muss, ist schnell entstanden. Insofern ist Bossis Buch von ganz allgemeinem Interesse – nicht nur, um ein schwieriges System durchschaubarer, sondern auch, um die potentielle Situation als Zeuge vor Gericht besser verständlich zu machen. Indes: Auch wer das Glück hat, nie in eine Situation vor Gericht zu kommen, wird das Buch – weil spannend geschrieben – mit Gewinn lesen.

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