Vielmehr noch als das Auto wird der Lkw in Zukunft zum rollenden Computer. Welche Funktionen ein Brummi in zehn Jahren haben könnte, zeigt Zulieferer Bosch mit der Truck-Studie VisionX auf der IAA Nutzfahrzeuge (22.-29. September). Die in dem futuristisch aussehenden Lkw eingesetzte Technik fasst diverse aktuelle Entwicklungen der Nutzfahrzeugbranche zusammen.
Weil sich für die Spediteure alles um TCO, Total Cost of Ownership, dreht, wird jede Investition daraufhin geprüft, ob sie sich rentiert. „Neue Technik für Nutzfahrzeuge ist erfolgreich, wenn sie Wirtschaftlichkeit und Effizienz steigert“, sagt Markus Heyn, Bosch-Geschäftsführungsmitglied. Fast ein Viertel der Gesamtausgaben machen die Kraftstoffkosten aus, daneben ist auch die Vermeidung von Standzeiten oder Leerfahrten für Spediteure wichtig.
Lösungsansätze zeigt die Studie vor allem durch den Einsatz von Vernetzung und automatisiertes Fahren: So bekommt das Fahrzeug beispielsweise alle wichtigen Informationen über Route, Staus, Umleitungen und Entlademöglichkeiten am Zielort in Echtzeit, die Routenführung kann optimal an den Verkehr, aber auch an neue Ladeziele angepasst werden: Weil der Spediteur jederzeit verschlüsselten Zugriff auf die Lkw-Daten und auch auf die Beladungszustand hat, lässt sich das Fahrzeug flexibler disponieren und der Frachtraum bestmöglich ausgenutzt werden.
Das Steuer übernimmt bei der Studie, die das Jahr 2026 simuliert, zumindest in Teilen der Lkw selbst. Sobald die Autobahn erreicht ist, gliedert er sich einen Platoon ein – eine Art Güterzug aus Lastwagen. Gemeinsam mit weiteren Lkw folgt der Truck einem vorausfahrenden Lastzug, mit dem er elektronisch verbunden ist. Durch synchronisierte Gas-, Brems- und Lenkeingriffe der Platoon-Partner ist das sicherer als eine Alleinfahrt. Durch das Fahren im Windschatten profitieren die nachfolgenden Fahrzeuge zudem in Sachen Kraftstoffeinsparung – bis zu zehn Prozent Ersparnis hält Bosch für realistisch. In der Konzeptstudie ist auch der Ausgleich für das vorausfahrende Fahrzeug gleich mitgeregelt: Weil die anderen von seinem Windschatten profitieren, zahlen die Hinterherfahrenden automatisch über die Cloud einen gewissen Beitrag an den ersten Lkw.
Bis der Lkw per Datenaustausch einen geeigneten Konvoi auf der Autobahn gefunden hat, wird er vom Fahrer gesteuert. Und auch, wenn er aus einem Platoon ausschert um die Autobahn zu verlassen, fährt der Fahrer manuell oder teilautomatisiert. Ohnehin ist sein Arbeitsplatz stark digitalisiert: „Wir wollen eine Bedienoberfläche schaffen, die so einfach ist wie ein modernes Smartphone“, so Heyn. Ergänzt wird das durch ein System aus Displays und Kameras, die den rückwärtigen Verkehr beobachten und die Außenspiegel ersetzen.
Die Vernetzung unterstützt den Fahrer auch bei der Parkplatzsuche, indem freie Parkplätze über die Cloud angezeigt und auch reserviert werden können. Das Klemmbrett mit dem Frachtpapieren gehört ebenfalls der Vergangenheit an, denn auch das Ladungsmanagement erfolgt künftig digital – per App und gesichertem Datenaustausch unter den beteiligten Personen.
Die permanente Überwachung des Trucks hat weitere Vorteile: Zum Einen, weil die Lebensdaten des Lkw ständig überprüft und eventuell anstehende Inspektionen passgenau in die Tourenplanung integriert werden können. Zum Anderen, weil Sensoren auch die Ladung im Blick behalten. Sie registrieren zum Beispiel, wenn ein Unbefugter sich am Frachtraum zu schaffen macht, Ladungsdiebstähle sollen dadurch vermieden werden. Auf der anderen Seite haben Versender und Empfänger der Ladung ihr Frachtgut immer im Blick: Konkret können sogar Temperatur oder auftretende Erschütterungen beobachtete werden, die den Zustand der Ladung beeinflussen könnten. Die Verfolgung der Waren ist dabei gar nicht so weit entfernt: Bosch will sie bereits ab 2017 für jede einzelne Palette ermöglichen.
Text: Hanne Schweitzer/SP-X
Fotos: Bosch/SP-X