Ach, Gottchen: Was heißt schon geländegängige Allradfahrzeuge? In der Realität gibt es da schon harsche Unterschiede, die kaum in der Statistik des Kraftfahrtbundesamtes (KBA) separiert werden. Wer da in der Liste ganz vorne liegt, ist auch nicht mehr als ein fast normaler Pkw, der über einen – meist – elektronisch geregelten Allradantrieb verfügt. Wenn es ins Gelände geht, verteilt die Elektronik via Bremseingriffe oder Zurücknahme der Antriebsleistung die Kräfte auf unterschiedliche Räder, die eben noch nicht durchdrehen. That's it! Da ist in der Allradszene verflixt viel Blendwerk unterwegs, das schon bei kleineren Herausforderungen schlapp macht.
Da werden Abenteuer-Hoffnungen versprochen und geschürt in der Werbung, aber die Enttäuschungen in der Realität fallen umso heftiger aus. Jeder Autobauer hat heutzutage irgendwelche Allradler, sogenannte SUV, im Portfolio. Beim Kunden werden Tagträume paralysiert, weil er gar nicht soweit kommt, wie ihm versprochen wurde. Die Verkäufer drehen dem Interessenten Autos an, um den Großstadt-Dschungel zu bewältigen. OK, dafür reicht es ja noch. Aber dann? Damit einher geht auch die Talfahrt echter Geländefahrzeuge vonstatten, jener Spezies also, die den Allradantrieb hoffähig gemacht haben, meist in Verbindung mit mehr Bodenfreiheit, Reduktionsgetriebe, Achssperren und anderen technischen goodies. Und so sieht dann auch die erste Vierteljahresstatistik des KBA zum Titelthema aus: Unter den ersten 30 Allradmodellen ist kein einziges, das wirklich geländetauglich ist. Gut, Feldwege (so sie denn überhaupt befahren werden dürfen) packen nahezu alle, auch in der Kiesgrube geht es zumeist noch voran, das war es dann auch schon.
Der kleine Geländewagen Brutalo (der nahezu alles bewältigt!), der Suzuki Jimny, taucht erst auf Position 37 auf. Selbst der Subaru Forester, zwar seiner Geländereduktion seit einigen Jahren beraubt, aber mit dem starken Boxermotor und einem 6-Gang-Getriebe mit kurzem 1. Gang ein echter Geländegänger, muss sich mit Rang 42 begnügen. Und so verzeichnen 30 Modelle einen Aufwärtstrend, deren 25 aber auch eine Talfahrt in der Statistik. Am meisten Rückgänge weisen die klassischen Allradfahrzeuge auf, wie der Referenz-Allradler Toyota Land Cruiser zeigt: Rang 57 von 60 Modellen. Ja, und wer liegt vorne? Softies natürlich: VW Tiguan, Ford Kuga, Audi Q3, Nissan Qashqai und Opel Mokka. Alles wahrlich keine schlechten Automobile, aber ihnen wird von der Industrie mehr angedichtet, als gehalten werden kann. Den britischen Land-Rover-Modellen geht es da vergleichsweise gut: Die punkten mit sämtlichen Modellen im Aufwärtstrend. Hierbei möchte der Chronist noch einen weit verbreiteten und sich hartnäckig haltenden Irrtum korrigieren: Das Kürzel SUV für Sports Utility Vehicle bedeutet nicht sportliches Mehrzweckfahrzeug, sondern Mehrzweckfahrzeug um sportliches Gerät zu transportieren. Vielleicht beherzigen die geschätzten Journalistenkollegen dies gelegentlich oder auch in Zukunft.
Text und Bilder: Frank Nüssel /CineMot