Kult-Serien – Kult-Bücher!
Da geben sich Paartherapeuten redlich Mühe, versuchen Beziehungsratgeber aller Couleur, mit möglichst wissenschaftlichem Unterbau das nur in Ansätzen gelöste Beziehungsrätsel zwischen den Geschlechtern zu entwirren – und dann so was: In fünfzig Jahren sind Männer sowieso abgeschafft. Ich meine, man kann schon jetzt nicht mehr mit ihnen reden. Sätze wie dieser legen ganz geheime Gedanken offen, die, wenn überhaupt, nur der besten Freundin offenbart werden. Umso befreiender, wenn an solchen Offenbarungen teilnehmen kann, wer einen funktionierenden Fernseher besitzt.
So geschehen bei Sex and the City. Selten zuvor hat eine Fernsehserie sich in rasantem Tempo eine große Fangemeinde erobert. Was viele Zeitgenossen (vor allem weibliche) kaum zu denken wagten – hier wurde es unverblümt, ohne wissenschaftlichen Unterbau und Umwege, dafür mit einer ordentlichen Portion Witz ausgesprochen.
Einziger Wermutstropfen: Die Serie war nicht als Dauerbrenner angelegt worden: Aufhören, wenn's am schönsten ist, war ganz offensichtlich die Devise der Macherinnen und Macher. Als dickes Trostpflaster gibt's das (einzige!) offizielle Buch zur Serie. Hier können die Episoden nachgelesen und die schönsten Bildszenen beliebig oft angesehen werden. Und auch mit Insiderinformationen aus dem Backstage-Bereich geizt dieser Band keineswegs. Das erleichtert den Abschied und mildert nebenbei eventuelle Entzugssymptome der Fans.
Keinen Entzug hat zu befürchten, wer am frühen Sonntag abend konsequent auf Lindenstraße schaltet. Im Gegenteil, die 1.000. Folge nähert sich mit großen Schritten – und ein Ende ist keineswegs abzusehen. Grund genug für eine Zwischenbilanz in Buchform, und die fällt äußerst üppig aus: Lindenstraße – 1000 Folgen in Wort und Bild ist eine üppige Hommage an eine Serie, deren Erfolg beim Start 1985 wohl kaum abzusehen war. Lindenstraßen-Macher Hans W. Geissendörfer setzt – anders als Sex and the City – nicht vorwiegend auf Witz und Schlagfertigkeit, dafür hat er den Mut zu Themen, die ansonsten eher schamhaft verschwiegen werden, wie zuletzt die schwere Darmkrebserkankung einer jungen Mutter. Das Leben an sich ist nun mal in vielen Dingen unberechenbar; das weiß Geissendörfer, und deswegen ist dieses unscheinbare Mietshaus mit dem schmucklosen Treppenhaus seit rund 20 Jahren Schauplatz eines Dauerbrenners. Jeder Folge ist eine Seite des großformatigen Buches gewidmet, dazu gibt's ein ausführliches Who is who? und einen kurzen Blick hinter die Kulissen. Das kostet nicht wenig, ist aber das Geld auf jeden Fall wert – und somit auch ein ideales Weihnachtsgeschenk für alle, die sonntags zwischen 18.40 und 19.10 Uhr nicht gestört werden dürfen!
Amy Sohn: Sex and the city – Kiss and tell; 19,90 Euro.
Hans W. Geissendörfer/Wolfram Lotze: Lindenstraße – 1000 Folgen in Wort und Bild; 99 Euro.
(beide Bücher: Schwarzkopf & Schwarzkopf Verlag).