Musik-Tipp – Wader: Noch hier

Noch hier? Hatte er sich nicht zurückgezogen? Ja, vom aktiven Tourleben. Aber pünktlich zum 80. Geburtstag erscheint jetzt noch eine Studio-CD, deren Untertitel "Was ich noch singen wollte" Programm ist.

Hannes Wader: Längst ist er tatsächlich, was er in den ersten Jahren seiner Laufbahn verstanden wissen wollte: „Volkssänger“ hieß das in den frühen Siebzigern. Aber damals donnerte er seiner Hörer(innen)schaft so einiges um die Ohren, mochte sein Gesang noch so leise und unaufdringlich sein: „Kokain“ etwa, bitterböser Humor, die „Ballade vom Tankerkönig“, heftige Gesellschaftskritik, und gegen die Prüderie dieser Zeit sang er mit „Viel zu schade für mich“ an.

Die Liste ließe sich sehr verlängern…bleiben wir lieber beim aktuellen Album: Da zitiert er Hölderlin („Die Nacht“), überlegt sich, was zu tun sein könnte, „um eine bess’re Welt zu schaffen“, wird in Beziehungsdingen persönlich, nicht wie oben beschrieben, sondern sehr introvertiert („Es ist vorbei“), und herausragend natürlich „Les temps des cérises“, im Duett mit Reinhard Mey. Die beiden verbindet eine lange Freundschaft, das ist bekannt, das hört man, zumal der gerne ob seiner vermeintlichen Harmlosigkeit gescholtene Mey seinem Freund öffentlich die Treue hielt, als der wegen seiner Kapitalismuskritik zeitweise einen, sagen wir mal, nicht so ganz vollen Terminkalender hatte.

Heute, wie gesagt, ist er ein Volks-Sänger. Altersweise, gut bei Stimme. Vermissen mag man eine aktuelle Version jenes Liedes, das sich tatsächlich in unterschiedlichen Liederbüchern wie ein Volks-Lied findet: „Heute hier, morgen dort“. Aber das kann man auf zahlreichen anderen Tonträgern hören.

Hannes Wader: Noch hier. Was ich noch singen wollte. (Stockfisch Records).

Nach oben scrollen