Lese-Tipp – Gräfin Schönfeldt: Und Rapunzel…

Plötzlich lebt man allein. Vielleicht wieder, vielleicht zum ersten Mal. Wie macht man’s jetzt mit den Mahlzeiten? Klar, es gibt jede Menge an fertigen Gerichten zu kaufen, Convenience-Produkte, die so heißen, weil sie so einfach zu handhaben sind. Irgendwann wird das langweilig. Und das vielleicht leidige, aber wichtige Thema Gesundheit lassen wir da sowieso außen vor.

„Kettenkochen“ ist eine der Alternativlösungen, die Sybil Gräfin Schönfeldt hier anbietet. Heißt: Kartoffeln, Reis, Nudeln für drei Tage kochen, aber jede der drei Portionen anders zubereiten. Wie – das reicht vom Aufbraten mit Gemüse bis zum feinen Sößchen mit einem der eigenen Lieblingsgewürze.

Und hat man erst mal die Freude am Selberkochen (wieder) gefunden, sind auch Kuchen und Plätzchen für den Mini-Haushalt kein Problem mehr. Einfacher herzustellen als vielleicht gedacht, gut einzufrieren. So hat man was Gutes parat, wenn Besuch kommt oder man eine Einladung ausspricht. Und man kann sich ja durchaus auch selbst mal zu was Feinem einladen.

Von hier aus ist es dann auch nicht mehr weit bis zu geradezu lukullischen Genüssen, die man sich für ganz besondere Gelegenheiten aufheben kann. „Chicken à la King“ etwa, jenes Geflügelgericht, das Astrid Lindgren zum Familien-Weihnachtsessen erkor, als sie schon älter war und sich die Mühe des klassischen Weihnachtsbratens nicht mehr antun wollte. Die Autorin verrät uns auch, was Goethe zum Frühstück favorisierte und wie sich das in heutige Speisepläne einbauen lässt, aus den Gerichten anderer Länder sei nur das belgische „Waterzooi“ genannt oder der originale Nizza Salat – der mit dem, was in manchen Gaststätten unter dem Namen rangiert, nahezu nichts mehr gemeinsam hat.

Liebe geht durch den Magen. Freundschaft mitunter auch. Und so kredenzt Gräfin Schönfeldt ihrer liebsten Freundin in dem ihr gewidmeten Kochbuch indisches Kedgeree ebenso wie Spanisch Fricco und Sommerreis. Und was es nit dieser Freundin auf sich hat, ist wieder eine Geschichte für sich.

Drei Kochbücher, drei Adressatengruppen. Sybil Gräfin Schönfeldt reichert alle Bücher mit Anekdoten an, verbindet die pragmatische Herangehensweise des Rezeptschreibens mit dem Erzählen von erzählenswerten Geschichten. Dass sie bei beidem aus einem sehr großen Fundus schöpft, ist nicht verwunderlich: Am 13. Februar 2022 ist sie, die ihr Germanistikstudium mit der Promotion abschloss und dann als Kolumnistin, Übersetzerin und Autorin erfolgreich wurde, unglaubliche 95 Jahre alt geworden. Die „Edition Momente“ legt die drei Kochbücher in einer Ausgabe zum Autorinnengeburtstag in limitierter Zahl auf.

Drei Adressatengruppen stehen, wie gesagt, im Namen. Aber darauf muss sich das Interesse nicht beschränken. Wer z. B. erstmals vom Hotel Mama ins Studentenwohnheim zieht, steht ratlos vor der Verpflegungsfrage. Wer noch nie die Zeit und Muße hatte, sich aber kulinarisch mal ausprobieren möchte, wird mit diesen Rezepten auch viel anfangen können. Und wer ohnehin oft in der Küche steht, erweitert die eigene Rezeptkladde ganz einfach.

Sybil Gräfin Schönfeldt: Und Rapunzel, frisch, grün und knackig…Kochbuch für die kleine alte Frau / Kochbuch für den großen alten Mann / Kochbuch für meine liebste Freundin. Einmalige, limitierte Geburtstagsausgabe zum Fünfundneunzigsten. Edition Momente; 30 Euro.

Foto: dpa/Horst Galuschka

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