CD-Tipp – Depenbusch: Echtzeit

Sie hat sich schon einen „Sommer aus Papier“ gebastelt, als – rein kalendarisch – die heißeste Zeit des Jahres eher nach Glühwein als nach Eiscreme aussah. Sie widmete ihrem eigenen Alphabet ein eigenes Album – kurz: Anna Depenbusch ist ziemlich eigenwillig. Betrachtet man die Karriere der 43-jährigen Hamburgerin, muss man sagen: Vielen gefällt’s.

Aber was? „Zwischen Edith Piaf, Björk und Hildegard Knef“ siedelt der Pressetext zur neuen CD die Lieder von Anna Depenbusch generell an. Das „hinkt“, wie die meisten Vergleiche im Künstlerischen, hat aber auch was Wahres: Eleganz, trockener Spott und dann und wann auch eine schrille Note. Die allerdings angenehm vorsichtig dosiert.

Der Titel des neuen Albums ist Programm: Denn „Echtzeit“ beschreibt nicht nur einen ganz normal-unnormalen Tagesbeginn, sondern ist auch das Aufnahmeprinzip: Die Songs – nur Stimme und Piano – wurden einfach mitgeschnitten, nichts nachträglich korrigiert, von noch so modernen Möglichkeiten der Bearbeitung keinen Gebrauch gemacht.

Und wenn dabei was schiefgegangen wäre? Ist es aber nicht. Wie gesagt, Anna Depenbusch dosiert alle Zutaten recht vorsichtig, das lässt ihre Texte noch besser wirken, als das mit üppiger Instrumentierung möglich wäre: „Beste Lüge“ – die Liebe, die nur Liebelei ist, und die Angesprochene weiß das genau. „Tim 2.0“ – der moderne Mann lebt auf der Überholspur und merkt doch nicht viel: Nicht, wie fragwürdig die Mittel sind, die er dafür braucht. Auch nicht, dass das von anderen längst bemerkt worden ist. Das Leben sei nicht perfekt, sagt Anna Depenbusch selbst. Nach der Prämisse legt sie mit „Echtzeit“ den Finger in die eine oder andere Wunde, zeigt aber auch die schönen Seiten dieses unperfekten Lebens.Wie im Titelsong – einem ganz normalen Morgen gewidmet.

Anna Depenbusch: Echtzeit. (Liedland/Indigo)

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