Die Unerschrockenheit hat Erika Mann auch dem Helden ihres Kinderbuchs „Stoffel fliegt übers Meer“ mitgegeben. Astrid Lindgrens Pippi Langstrumpf brauchte, als stärkstes Mädchen der Welt, ohnehin so leicht nichts und niemanden zu fürchten. Und Enid Blytons „Fünf Freunde“ gerieten ganz von selbst in allerlei Abenteuer und mussten sich zu helfen wissen. Mutiger noch als die Jungs war Georgina, die stets Georg genannt werden wollte und sich auch sonst recht jungenhaft gab. Vieles spricht dafür, dass die Autorin mit dem „Wildfang“ ihr alter ego schuf.
Drei Autorinnen, die mit ihrem Verständnis von Mut ganze Generationen begeistert haben. Tatsächlich sind es in der Kinderliteratur meist Frauen gewesen, die literarisch besonders produktiv waren. Das arbeitet Luise Berg-Ehlers präzise, aber kein bisschen trocken oder allzu wissenschaftlich klingend auf. Nicht fehlen darf da natürlich Joanne K. Rowlings „Harry Potter“ als aktuell prominentestes Beispiel einer erfolgreichen Autorin.
Ebenso wenig fehlt in Berg-Ehlers‘ Darstellung jenes Frauenbild, das aus heutiger Sicht geradezu skurril wirkt: Else Ury und ihr „Nesthäkchen“, Emmy von Rhodens „Trotzkopf“ – das waren Mädchen, die sich beizeiten der Männerdominanz fügten. Und der sprichwörtliche „Trotzkopf“ – wurde überwunden als kurze Phase, indem das Mädchen beizeiten Einsicht zeigte in seine künftige Rolle als Frau. Man könnte auch sagen, das geschah wie von Geisterhand. Astrid Lindgren ist im Vergleich entschieden emanzipierter.
Haben Sie noch eines der besprochenen Werke? Eine alte Ausgabe vielleicht, mit Eselsohren, angegilbtem Papier und trotzdem noch gut lesbar? Dann können Sie dieses Buch auch als Einladung zum Wieder-Lesen verstehen. Übrigens: Dass es hier um ganz verschiedene literarische Qualitäten geht, ist unvermeidlich. Das spricht Luise Berg-Ehlers aber auch selbst in den jeweiligen Kapiteln an.
Luise Berg-Ehlers: Berühmte Kinderbuchautorinnen und ihre Heldinnen und Helden. Insel Taschenbuch Verlag (Elisabeth Sandmann); 12,95 Euro.
