Liebe Leserin!
Lieber Leser!

Das Wort vom Autobauer, vom Automobil-Hersteller, können wir alle, die wir – sei es beruflich und/oder privat – mit allen Themen um das individuelle Beförderungsmittel Nr. 1 vertraut sind, womöglich in Zukunft aus unserem Wortschatz streichen. Denn Konzerne, die sich nur noch dem Bau, der (Weiter)-Entwicklung des Automobils verschrieben haben, werden in Zukunft wohl am globalen Markt nicht mehr (über)lebensfähig sein. Das jedenfalls kann man aus dem schließen, was Carlo Tavares, der Vorstands-Vorsitzende von PSA Peugeot Citroën, dem zweitgrößten Automobilhersteller in Europa nach VoLkwagen, von sich gegeben hat.

Seit die Franzosen sich die deutsche Traditionsmarke Opel einverleibt haben, wird alles, was der geschäftstüchtige und als gnadenloser Sanierer bekannte Portugiese an offiziellen Verlautbarungen von sich gibt, auf die Goldwaage gelegt. Jedes seiner Worte wird hinterfragt, der mögliche (Hinter)sinn und damit die Auswirkungen für Opel und seine Mitarbeiter mit Argwohn betrachtet.

Im Rahmen der neuen Konzern-Strategie, die den Namen „Push to pass“ trägt, erläuterte Tavares in dieser Woche: „Wir denken nicht nur an Autos, sondern auch an Mobilität und an Menschen, die nicht Besitz, sondern einen Zugang zu Mobilität suchen.“ Peugeot, das noch vor nicht allzu langer Zeit ein bettlägeriger Patient der Autobranche war, möchte sich seine Pfründe weitsichtig an allen Fronten des Mobilitätsgewerbes sichern. Ein ausgedehntes Angebot an Dienstleistungen aus der Mobilitätsbranche wird die Konsequenz des neuen Arbeitspapieres für die Konzern-Oberen sein.

PSA sieht seine Zukunft, wen wundert’s, auf dem digitalen „Schlachtfeld“, im Internet. Tavares macht sich dabei das Ergebnis einer Untersuchung von Google-Auto aus diesem Jahr zunutze und reagiert darauf. Danach sind inzwischen 37 Prozent der europäischen Kunden bereit, ihren Neuwagen über das world wide web zu kaufen. Die Besuche beim Händler vor Ort, der scheinbar zu einem Art „Tante-Emma-Laden“ für das Auto verkommt, hätten nach dieser Studie in den vergangenen Jahren um 40 Prozent abgenommen.

Stattdessen besucht der mögliche Kunde lieber zu Hause im bequemen Fernsehsessel die Internetseiten der Hersteller, um auf diese Art und Weise Fahrzeuge zu konfigurieren. Seit Juli können die französischen PSA-Kunden ihre Neuwagen zudem vollständig online bestellen. Peugeot/Citroën/DS denkt strategisch aber schon weiter: Um exakte Angebote für Werkstattleistungen zu finden, hat man bereits 2016 das dänische Start-up „Autobutler“ übernommen. Dort haben Kunden die Möglichkeit, für genau definierte Reparaturen Angebote einzuholen. „Autobutler“ soll demnächst auch in Deutschland angeboten werden. Wann genau, das steht noch in den Sternen…

Wer bei alledem noch glaubt, man könne als global handelndes Unternehmen sich nur noch auf den Bau und den Verkauf von Automobilen und den direkten Kontakt zum Endverbraucher konzentrieren, der hat offenbar die Zeichen der Zeit nicht verstanden.

Schöne(?) neue (Auto)Welt.

Ich wünsche Ihnen ein angenehmes Wochenende.

Ihr Jürgen C. Braun

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