Anstelle von Benzedrin hatten wir Vigor-Balsam. Anstelle des ländlichen Amerikas und des Mexikos der Fünfziger hatten wir die Ukraine. Aber es ging um dasselbe. Wir schnappten uns die Rucksäcke und waren on the road.
Hochprozentiges statt Amphetaminen: Ziemowit Szczerek ist in der Ukraine so unterwegs, wie es Jack Kerouac in den USA war. Mit dem einen Unterschied. Amphetamine sind, wenn überhaupt, nur noch unter strengsten Bedingungen legal, anders als zu Kerouacs Zeiten. Vigor Balsam gilt ursprünglich auch als Medizin, ihn gibt es aber immer noch in der Apotheke. Allerdings: Im (Frei)geist ähneln die Erlebnisse sich durchaus. Bei Szczerek werden sie teils sehr ironisch beschrieben, teils eher zurückhaltend. Immer jedoch zeigt sich der Autor als exzellenter Beobachter der Menschen unterwegs. Da kann es schon mal passieren, dass er an einzelnen Menschen und ihrem Tun mit urkomischem Spott in wenigen Sätzen Kommunismus versus Kapitalismus erklärt.
Mordor kommt und frisst uns auf beschreibt alles andere als eine Hochglanz-Gesellschaft. Gerade das macht den Roman so interessant, und manchmal hat man den Eindruck, eher einen Film vor sich zu sehen als ein Buch zu lesen – so plastisch ist es geraten. Thomas Weiler ist es gelungen, den Witz und die Besonderheit des polnischen Originals wunderbar ins Deutsche zu übertragen.
Ziemowit Szczerek: Mordor kommt und frisst uns auf. Voland & Quist; 22 Euro.