Leser fragen – Experten antworten: Wildwechselgefahr in der Dämmerung

Wildwechsel und Pendlerströme bergen für beide Seiten Gefahren. Autofahrer können aber etwas tun, um die Gefahr von Kollisionen mit Rehen und Wildschweinen zu reduzieren.

Frage: Ich fahre immer früh zur Arbeit. Zurzeit sind wieder viele Wildtiere unterwegs. Wie kann ich eine Kollision vermeiden?

Antwort von Hans-Georg Marmit, Kraftfahrzeug-Experte der Sachverständigen-Organisation KÜS:

Gerade jetzt kurz nach der Umstellung auf Sommerzeit überschneiden sich morgens in der Dämmerung menschliche und tierische Pendlerströme. Während Autofahrer in der Früh zur Arbeit fahren, kreuzen oftmals Rehe und Wildschweine die Straßen, um zwischen Lichtung und Wald oder zwischen zwei Forststücken zu wechseln. Autofahrer sollten daher unbedingt Straßenschilder, die auf einen Wildwechsel hinweisen, beachten. Indizien für Wildwechselgefahr sind außerdem an den Seitenrändern der Straßen angebrachte Reflektoren wie zum Beispiel blaue Reflektoren an den Leitpfosten. Diese „Blinklichter“ dienen dazu, durch die Reflektion des Scheinwerferlichts Wild davon abzuhalten, auf die Straße zu laufen, sobald sich ein Fahrzeug nähert.

In diesen, meist waldreichen Streckenabschnitten sollte man also ganz besonders vorsichtig und vorausschauend fahren, denn hier sind erfahrungsgemäß viele Wildtiere unterwegs. Dabei gilt es, auch die Abschnitte neben der Straße zu beachten. Besitzer von Fahrzeugen mit modernen Scheinwerfersystemen, die auch die Randbereiche der Straße ausleuchten, sind hier im Vorteil.

Wenn ein einzelnes Reh oder Wildschwein am Straßenrand auftaucht, reduziert man am besten die Geschwindigkeit, schaltet auf Abblendlicht um und versucht durch Hupen, das Tier am Überqueren der Straße zu hindern. Das Wild keinesfalls mit dem Fernlicht blenden. Das verwirrt die Tiere, so dass sie oft instinktiv auf die Lichtquelle zulaufen. Da Wildtiere oft in Gruppen unterwegs sind, können weitere Mitglieder des Rudels folgen.

Läuft aber zum Beispiel ein Reh so unerwartet auf eine Straße, dass ein Abbremsen nicht mehr möglich ist, versucht man am besten erst gar nicht, dem Tier auszuweichen. Ein Zusammenprall mit einem anderen Auto oder einem Baum birgt in der Regel größere Gefahren als die Kollision mit einem Tier. Wenn der Zusammenstoß nicht mehr zu vermeiden ist: Lenkrad festhalten und mit voller Kraft abbremsen.

Wird das Tier trotz Bremsmanöver erwischt, muss die Warnblinkanlage eingeschaltet und die Unfallstelle mit einem Warndreieck gesichert werden. Dann meldet man den Unfall bei der Polizei, die benachrichtigt den verantwortlichen Förster oder Jagdpächter. Das verletzte oder getötete Tier sollte man nicht anfassen, es besteht eventuelle Tollwutgefahr, das Bergen des Wilds ist Aufgabe des Försters oder Jagdpächters. Keinesfalls darf einen Kadaver mitnehmen, das wird als Wilderei geahndet.

Während der Wartezeit auf die Amtspersonen macht man Fotos vom Unfallort, dem Tier und dem Fahrzeug; das dient einer schnellen Schadenbearbeitung bei der Kfz-Versicherung. Wichtig: Förster oder Jagdpächter stellen eine Bescheinigung aus, diese wird von der Versicherung zur Regulierung des Schadens gefordert.

Die Teilkaskoversicherung begleicht Schäden am eigenen Fahrzeug, die durch sogenanntes Haarwild (§2 Bundesjagdgesetz), zum Beispiel Rehe oder Wildschweine, verursacht werden. Einige Versicherer haben ihren Schutz zusätzlich auf Unfälle mit Wirbeltieren (zum Beispiel Pferde oder Schafe) ausgeweitet. Wer eine Vollkaskoversicherung abgeschlossen hat, wird ebenfalls entschädigt. Dem Versicherer sollten man den Unfall zeitnah melden, auf jeden Fall bevor Reparaturen vorgenommen werden. Auf den Schadenfreiheitsrabatt hat ein Wildschaden übrigens keinen Einfluss.

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