Liebe Leserin!
Lieber Leser!
Die Nachricht dieser Woche sickerte eigentlich schon frühzeitig durch, doch bestätigt wurde sie erst am Mittwoch offiziell. Und sie zeigt, wie sehr wirtschaftliche Umstände und Zusammenhänge ein eigentlich auf Jahre hinaus projiziertes Programm von heute auf morgen beenden können. Die Manipulations-Affäre mit ihren zweistelligen Milliarden-Verlusten zwingt den Volkswagen-Konzern offenbar auf allen Ebenen zum Handeln. Nachdem vor wenigen Tagen bereits der Ausstieg der Ingolstädter Tochter Audi aus der Langstrecken-Weltmeisterschaft (WEC) und damit auch aus dem publikums-wirksamen Le-Mans-Abenteuer bekannt gegeben worden war, wurde am Mittwoch die nächste Katze aus dem Sack gelassen:
Volkswagen, das seit seinem Einstieg im Jahr 2013 in die Rallye-Weltmeisterschaft mit dem Polo R WRC die Szene bestimmte und Fahrer- sowie die Konstrukteurs-Titel in Serie gewonnen hatte, steigt aus der Rallye-Weltmeisterschaft aus. Das ist ungefähr so, als ob der FC Bayern München seine Mannschaft aus der Fußball-Bundesliga abmelden würde. Volkswagen, der Polo WRC und seine drei Stammfahrer Sébastien Ogier, Jari-Matti Latvala und Andreas Mikkelsen werden bei der Rallye Australien (18. – 20. November) ihren letzten Auftritt haben. Damit ist das Projekt Rallye-Weltmeisterschaft für die Wolfsburger beendet.
„In der WRC haben wir unsere sportlichen Ziele weit übertroffen, nun werden wir Volkswagen Motorsport neu ausrichten und auch dort die Fahrzeugtechnik der Zukunft stärker in den Mittelpunkt rücken“, zitiert VW in einer Pressemitteilung vom Mittwoch Entwicklungsvorstand Frank Welsch. Gleichzeitig gebe es, so VW, durch das verstärkte Kundensport-Programm eine Beschäftigungs-Garantie für die Motorsport-Mitarbeiter.
Offenbar ist der Kostendruck seit Beginn der Diesel-Affäre im September des vergangenen Jahres so hoch geworden, dass nun auch Image-Projekt wie die WEC (World Endurance Championship) und die Rallye-WM sich vor dem Rotstift aus dem Vorstandschaft nicht mehr ducken können. Da noch niemand weiß, wie hoch die endgültigen Kosten des leidigen Skandals sein werden, muss alles, was Kosten verursacht und nicht zum Kerngeschäft (forschen, entwickeln, produzieren) gehört, vorerst hinten an stehen. Die Konzernspitze kann es sich in dieser Situation kaum leisten, in der Öffentlichkeit sportliche Aktivitäten, , die erheblichen Einsatz an Material und Manpower benötigen, zu rechtfertigen.Ob das der (vorerst) letzte Schritt aus der Wolfsburger Zentrale in Sachen Motorsport-Engagement gewesen sein wird, bleibt ab zu warten. Der Konzern mit seinen insgesamt zehn Marken unter einem gemeinsamen Dach wird alles auf den Prüfstand stellen müssen. Dazu wird auch die Teilnahme der verschiedenen Konzern-Marken an weiteren hochrangigen Motorsportserien gehören. In der Szene werden jetzt schon krude Gedankenspiele wach, die das Engagement von Audi in der DTM oder den Porsche-Auftritt in der WEC betreffen. Unmöglich, so scheint es zumindest im Moment, ist nach dem Paukenschlag in dieser Woche nichts mehr bei Volkswagen.
Für die Rallye-WM ab dem kommenden Jahr mit dem Einstieg eines Toyota-Werksteams tun sich nun ganz neue Perspektiven auf. Die Plätze bei Hyundai und Citroën sind vergeben. Bei Toyota könnten demnächst einige prominente Bewerbungen für die WRC 2017 ins Haus flattern. Warten wir es ab. Es werden spannende Tage noch in diesem Monat werden.
Ich wünsche Ihnen ein erfolgreiches Wochenende.
Ihr Jürgen C. Braun