Toyota: 80 Jahre im Automobilbau

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SP-X/Köln. Da staunten die westlichen Autogiganten: Ausgerechnet die bis dahin so bescheiden auftretenden Japaner benannten 1959 stolz eine Stadt nach ihrem größten Autobauer. Passend zur ersten globalen Exportoffensive von Toyota wechselte die alte Festungsstadt Koromo ihren Namen in Toyota, ein bis heute weltweit einzigartiger Vorgang. In Toyota befinden sich die Hauptverwaltung und nicht weniger als sieben Werke der gleichnamigen Motor Corporation, die erst nächstes Jahr ihr 80. Jubiläum feiern wird. Exakt ein Jahr nach der Präsentation des ersten Pkws vom Typ AA, der 1936 den Grundstein zu der Erfolgsgeschichte legte, die Toyota zum größten Autobauer der Welt machte.

Dabei war der Toyota AA nichts anderes als eine japanische Interpretation des Chrysler Airstream mit einem Chevrolet ähnlichen Motor unter der Haube. Allerdings zählt Copy and Paste, das im Westen verpönte Kopieren der Werke anderer, im fernöstlichen Kulturkreis traditionell zu den respektierten Praktiken, der sich deshalb anfangs auch Nissan oder Mitsubishi bedienten. Beflügelt wurde der Aufstieg von Toyota aber erst durch das neuartige Just-in-time-Produktionssystem, das einen bis dahin nicht bekannten Qualitätsanspruch bedingte. Als dann auch noch neue Modellreihen wie Land Cruiser, Corona und Corolla sowie schließlich der Hybrid-Pionier Prius Zeichen setzten, schien das unaufhörliche Wachstum des automobilen Giganten nichts mehr stoppen zu können. Eine Fehleinschätzung, wie die Wirtschaftskrise von 2008/2009 und große Rückrufaktionen zeigten. Rückschläge, von denen sich der Branchenprimus und Hybridspezialist in Deutschland bis heute nicht gänzlich erholt hat. Richten sollen es emotionalere Modelle – so wie einst, als die schnellsten Samurai unter den Sportwagen das Toyota-Logo trugen.

Es war Kiichiro Toyoda, der seinen Vater Sakichi Toyoda Ende der 1920er Jahre überzeugte, innerhalb des Textilunternehmens Toyoda Automatic Loom Works eine Autosparte zu gründen. Überzeugungsarbeit, die dem jungen Kiichiro wohl nur gelang, weil schon Sakichi ein visionärer Erfinder war, der Lizenzen seiner Webstuhlentwicklungen bis nach England verkaufte. Dagegen steckte der japanische Autobau noch in den Kinderschuhen, was auch daran lag, dass die frühen Fahrzeuge aus Nippon für das schlecht ausgebaute Straßennetz völlig ungeeignet waren.

Kiichiro reiste deshalb in die USA, um sich ein Bild davon zu machen, wie sich die dortige Automobilindustrie entwickelt hatte. Besonders die soliden Chevrolet überzeugten Kiichiro Toyoda, wenig später begeisterte er sich zudem für das Stromliniendesign von Chrysler. Weshalb er ab 1930 ein Team von Ingenieuren um sich scharte und anhand der amerikanischen Vorbilder eine Limousine entwickelte. Fünf Jahre später, im Mai 1935, erlebte der erste Pkw-Prototyp A-1 sein Rollout. Mit frustrierendem Ergebnis, denn das Fahrzeug streikte nach wenigen Kilometern und wurde von einem Pferd zurück ins Werk gezogen. Böswillige Zungen behaupten bis heute, Kiichiros Ingenieure kopierten einfach zu perfekt. Denn der 3,4-Liter-Sechszylinder nach Chevrolet-Vorlage war zwar ebenso robust wie das truckähnliche Fahrwerk, aber die Komponenten wurden offenbar in ebenso lausiger Qualität zusammengefügt wie beim Chrysler Airstream, der als Designvorlage diente. Probleme, die bis 1936 ausgeräumt waren, dann war nicht nur das Modell AA serienreif, sondern auch ein offener Phaeton vom Typ AB.

Bevor die Bänder anliefen, wurde in einem Wettbewerb noch ein neuer Name für die Firma gefunden, da diese nicht den Familiennamen Toyoda tragen sollte. Die Wahl fiel auf Toyota, denn dieses Wort benötigt in japanischer Schrift nur acht Zeichen und damit eine Zahl, die Glück verspricht. Tatsächlich blieben die Glücksgötter Toyota lange Zeit gewogen. So entgingen die Toyota-Werke im Zweiten Weltkrieg der eigentlich geplanten Bombardierung. Schon Ende 1945 erlaubten die amerikanischen Militärbehörden Toyota zudem den Wiederbeginn der Fahrzeugproduktion, was das Unternehmen zur Entwicklung des Pickps Toyopet und des Kleinwagens Toyota SA nutzte. Beide gingen 1947 als erste japanische Nachkriegsneuheiten in Serie.

Nach Ausbruch des Koreakriegs beteiligte sich Toyota an einer Ausschreibung der US-Besatzer für einen japanischen Geländewagen, mit dem die USA eine japanische „Nationale Polizeireserve“ ausrüsten wollten. Beim 1951 vorgestellten Toyota BJ (B-Jeep) als Urvater des Land Cruiser war die Verwandtschaft zum Willys-Jeep zwar unverkennbar, dennoch gaben die Amerikaner Mitsubishi und einer 1:1-Kopie des US-Jeep den Vorzug. Weshalb Toyota eine unverwüstliche, zivile Serienversion des Land Cruiser entwickelte, die ab 1957 in Amerika und ab 1960 in Europa und Afrika Kultstatus gewann. Einen besseren Imageträger hätte sich Toyota nicht wünschen können, denn die ersten Mittelklasselimousinen Crown und Corona entsprachen in Technik und Design noch nicht westlichen Standards. Immerhin war das später von vielen Konkurrenten kopierte Toyota-Produktionsprinzip der totalen Qualitätskontrolle längst eingeführt worden.

Als Toyota 1965 als erster Autobauer den Deming Award für Verdienste um das Total-Quality-Management erhielt, schienen die Japaner endgültig nach den Sternen zu greifen. Mit Modellen wie dem 2000 GT als erstem japanischen Supersportler (ab 1965), dem bis heute in über 40 Millionen Einheiten verkauften Corolla (ab 1966), dem Sportcoupé Celica als Antwort auf Ford Capri und Mustang (ab 1970) und Familienautos wie Carina (ab 1970) und Camry (1982) wurde Toyota eine der erfolgreichsten Massenmarken, die ihr Image durch Triumphe auf Rennstrecken zusätzlich stärkte. Ein Leben auf der Überholspur, das durch die Entdeckung neuer Segmente wie der Vans (Model F, ab 1983) und der Kompakt-SUV (RAV4, ab 1994), aber auch die Millionenerfolge der Hybride (Prius, ab 1997) weiter beschleunigt wurde. Und durch die Entwicklung der Luxusmarke Lexus (ab 1989) dann eine vorläufige Krönung erfuhr.

Denn während Lexus in Europa bis heute hinterher fährt, gelang in Amerika der Coup, kurzzeitig zur meistverkauften Premiummarke aufzusteigen. Dagegen übertraf die Marke Toyota im Jahr 2008 wahrscheinlich sogar die kühnsten Träume ihres Initiators Kiichiro Toyoda. Wurde doch Toyota in den USA größte Automarke vor Chevrolet – nicht zuletzt dank amerikanischer Produktionsanlagen. Auch in Europa waren es Werke und Kooperationen, vor allem mit deutschen und französischen Wettbewerbern, die Toyota zu einem großen Player machten. Der aber weltweit zu rasch gewachsen war, wie Akio Toyoda, der Enkel des Unternehmensgründers, erkannte, als er im Krisenjahr 2009 die Konzernführung übernahm. Toyoda richtete deshalb ein „Special Committee for Global Quality“ ein, um den Qualitätsvorsprung der Marke wiederherzustellen.

War der erste Toyota AA eine Kopie der besten US-Vorbilder, lädt Toyota heute alle Konkurrenten zum Kopieren von Techniken seines neuen Brennstoffzellenfahrzeugs Mirai ein. Ein Geburtstagsgeschenk in Form kostenfrei lizenzierter Patente, damit der Wasserstoffantrieb rascher verbreitet wird. Selbstbewusst, aber das waren die Japaner ja schon immer.

Text: Spot Press Services/Wolfram Nickel
Fotos: Toyota/SP-X

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