Liebe Leserin!
Lieber Leser!

Der gestrige Freitag war ein ebenso bedeutender wie trauriger Tag in der Geschichte des Automobilbaus in Deutschland. An diesem Tag wurde im Bochumer Opel-Werk nach 52 Jahren unwiderruflich die letzte Schicht gefahren. Danach schlossen sich nach jahrelangen vergeblichen Versuchen, Bochum zu halten, die Tore eines traditionsreichen Standortes. Viele Menschen verloren ihren Arbeitsplatz, verbinden ihre Erinnerungen an „das Band“, an dem sie arbeiteten aber auch mit vielen großartigen Modellen eines Herstellers, der ein Teil des deutschen Industrie-Kulturgutes ist. Übrig bleibt für die Zukunft lediglich ein Ersatzteillager.

Gerade im Ruhrgebot, wo das Wort von der „Maloche“ seine ganz besondere Bedeutung hat, wo auf ehrliche Arbeit und ebensolches Gebaren dem Mitmenschen gegenüber besonderer Wert gelegt wird, wird dieser Tag Spuren hinterlassen. Das Ende von Opel in Bochum, das ist für viele Betroffene das Gleiche, als ob eine Zeche ihre Tore schließen würde, in die Generationen von Familien eingefahren und zu einem Teil dieser Region geworden sind.

Das Bochumer Opel-Werk hat das Ruhrgebiet seit seiner Eröffnung geprägt. In (leider längst vergangenen) Spitzenzeiten hatten dort mehr als 20.000 Menschen Lohn und Brot gehabt. Im Jahr 1962 rollte in Bochum das erste Fahrzeug, ein A-Kadett, von der Fertigungsstraße. Bereits vier Jahre später fuhr der millionste Kadett aus den Bochumer Werkstoren. In den „Golden Sixties“ gehörte Opel Bochum zu den modernsten Automobilwerken der Welt.

Aber in Bochum entstand auch ein Fahrzeug, das zum Kultobjekt und zum rollenden Botschafter seiner Heimat im Pott wurde: Der Manta. Um kaum ein anderes Fahrzeug der deutschen Traditionsmarke mit dem Blitz reihten und reihen sich so viele (wahre und unwahre) Geschichten. Manta fahren war Kult in den 1970er Jahren. Noch heute fährt bei fast jedem Langstreckenrennen auf dem Nürburgring ein Manta mit dem legendären Fuchsschwanz mit. Und Til Schweiger als schnodderiger Hauptdarsteller, also eine Art deutscher James Dean, machte den Sport-Schlitten für den Hausgebrauch in Manta, Manta zum Begriff. Opel, die brave, biedere deutsche Marke wurde zum Symbol der rebellischen Jugend.Bei all diesen Erinnerungen und bei der nicht zu leugnenden Tatsache, dass gestern in Bochum zum letzten Male produziert wurde, geht es mir ein wenig wie dem berühmten Wackel-Dackel, der auf unzähligen Kadett- oder Ascona-Hutablagen sein Dasein fristete: Ich kann nur noch traurig mit dem Kopf schütteln.Für den Kadett, den Manta, aber auch andere Opel-Modelle wie etwa den GT oder den ersten Kompakt-Van, den Zafira, wird auch nach der Schließung des Werks nur eines Bestand haben: Es gilt nach wie der Vers des Liedermachers und Bochumers Herbert Grönemeyer: Bochum, ich komm aus Dir.

Ich wünsche Ihnen ein angenehmes Wochenende.

Ihr Jürgen C. Braun

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