Test-Tour: Renault Koleos (2014)

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Renault trat dem boomenden SUV-Markt erst sehr spät, im Jahr 2008, bei. Zwar steckt unter dem Blechkleid des Franzosen mit asiatischen Wurzeln bewährte Technik, doch die Optik des Koleos hat von Anbeginn an polarisiert: „Langweilig und ohne Eigenständigkeit“, sagten die Einen, als „seriös und unauffällig“ empfanden ihn die Anderen. Was wiederum nichts Anderes beweist als das allgemein gültige (Vor)Urteil, wonach die Geschmäcker auch bei der Optik eines Automobils sehr verschieden sein können.

Gebaut wird der Koleos bei Samsung in Südkorea. Das überrascht auch manchen Autofreund, weil man Samsung ansonsten mit Unterhaltungs-Elektronik verbindet. Doch der Konzern, der ebenfalls zu Renault gehört, baut auch ein Schwestermodell des Koleos, den QM5, für den koreanischen Markt. Ein umfassendes Facelift des französischen Allradlers mit den südkoreanischen Wurzeln hat vor allem eines bewirkt: Es gibt jede Menge Ausstattung, deren Qualität und Verarbeitung teilweise bis ins Oberklasse-Segment herrscht. Zudem ist die Plaste-Ödnis der frühen Koleos-Tage auch vorbei.
Renault hat sich sowohl bei der Allradtechnik und einer geeigneten Plattform erfolgreich um Synergien mit Kooperationspartnern bemüht. Das Ergebnis: Von Nissan fand das bewährte 4×4-System des X-Trail Einzug in den Koleos, den Produktionsstandort wies Samsung in Korea aus. Als Folge eines dennoch ausbleibenden nachhaltigen Erfolges auf dem SUV-Markt wurde der Koleos vor etwa zweieinhalb Jahren neu positioniert. Der preiswerte Familien-SUV fuhr in Richtung der Edel-Karossen dieses Segmentes vor. Ein bulliger Kühler, viel Chrom und ein wuchtigerer Auftritt kamen hinzu.

Unser Testfahrzeug, ein Allradler mit 173 PS Leistung und dem Namen „Night and Day“, der eher an einen magenschonenden Kaffee als an einen Offroader erinnert, glänzt zunächst einmal durch etliche Ausstattungs-Posten, die bei der Konkurrenz auf der Aufpreisliste stehen. Dazu gehören beispielsweise eine Dachreling, eine zwei-Zonen-Klimaautomatik, 18-Zoll-Leichtmetallräder, ein Tempomat und in unserem Falle sogar eine extern einstellbare Zusatzheizung vom Experten Webasto. Alles wunderbare Annehmlichkeiten für den in unserem Falle leider nicht eingetroffenen Winter.

Zum Innenraum: Die Materialien mit viel Chrom-Applikationen und einer ansprechenden Verarbeitung sorgen neben geräumigen Ablagen oder dem ausklappbaren Sphären-Spiegel für den Blick in den Fond für einen komfortablen Aufenthalt. Die Fondpassagiere finden serienmäßige Klapptische an den Lehnen der Vordersitze vor. Die Rücklehnen der zweiten Reihe und des Beifahrersitzes sind ebenso umlegbar wie der untere Teil der zweigeteilten Heckklappe. Letzteres macht vor allem dann Sinn, wenn man schwere Kisten abzustellen hat oder sich als Ski-Urlauber an der Piste/Loipe noch rasch fertig umziehen möchte. Das Leergewicht von 1.730 Kilo verträgt noch einmal ein Zusatzgewicht bis hinauf auf 2.250 Kilogramm.

Der 173 PS starke 2.0-Liter-Diesel machte einen durchzugsstarken Eindruck auch bei unteren Drehzahlbereichen auf uns, ohne dass wir das Fahrzeug jetzt hätten größeren Anforderungen auf Schnee und/oder Eis hätten aussetzen können. Renault gibt die Höchstgeschwindigkeit des Fahrzeugs mit 191 km/h an, was sicherlich kein Parameter für eine Entscheidung sein wird. Der Stadtverkehr ist sicherlich nicht die angeborene Heimat des Koleos. Wendekreis und Übersichtlichkeit lassen da zu wünschen übrig.

Nun, so ein bisschen „Winter light“ war dann im Hunsrück auf etwa 600 Meter Höhe doch ab und zu, weshalb wir konstatieren können: Die Traktionshilfe schaltet sich bei einem drohendem Traktionsverlust frühzeitig zu, was sich vor allem beim Anfahren auf nasser Straße vorteilhaft bemerkbar macht. Hat man sich dennoch einmal im Schneematsch richtig „eingebuddelt“, kann der Fahrer eine elektronische Differentialsperre aktivieren und sich mit der starren Kraftverteilung auf beide Achsen befreien. Zudem kann als dritter Fahrmodus der Allradantrieb komplett deaktiviert werden, was aber so gut wie keinen Sinn macht. Sowohl vom Fahrverhalten als auch von der Spritersparnis her nicht. Wir kamen demnach auf einen Verbrauch von 7,3 Litern Diesel auf 100 Kilometer, was ein ordentlicher Wert ist.

Text und Fotos: Jürgen C. Braun

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