Paul Kuhn ist tot. Seine angegriffene Gesundheit war in den letzten Jahren immer wieder ein Thema, und dann überraschte der im März 85 gewordene Musiker mit einem in Los Angeles aufgenommenen Jazz-Album. An diese Aufnahmen von 2011, veröffentlicht als The L.A. Session, sei an dieser Stelle noch einmal erinnert.
Rückblick: Der Weg schien vorgezeichnet, schnurgerade in Richtung Jazz. Ein hoch angesehener, seriöser Künstler, mit eigenem Trio, Big Band, Einladungen ins Ausland und vor allem in die USA, mit Ellington, Basie und all den anderen auf Du und Du, Exklusivvertrag mit einem großen Jazzlabel, vielleicht sogar Blue Note, längere Haare, flippige Klamotten. Der erste wichtige deutsche Jazz-Import. Nachkrieg, der Jazz als US-Import stand für Freiheit, Aufbruch, Neubeginn.
Für Paul Kuhn kam es anders, und das hatte genau mit diesem Neubeginn zu tun. Seine Entertainer-Qualitäten prädestinierten ihn für Schlager und Easy Listening, fürs Leichte eben. Auch dies eine Form von Neubeginn, wahrlich keine unwichtige. So etablierte sich der Mann am Klavier, der feststellte, dass es kein Bier auf Hawaii gab, sehr schnell. Und gab musikalisch beim SFB den Ton vor, zum Beispiel bei der deutschen Vorentscheidung zum Grand Prix Eurovision 1972, die Mary Roos in letzter Sekunde zur Gewinnerin und im internationalen Finale zur respektablen Dritten machte.
1980 verlängerte der SFB Paul Kuhns Vertrag ebenso wenig wie seine Schallplattenfirma. Für einen Künstler zunächst ein doppeltes Desaster, für Paul Kuhn der Start in eine Karriere als Jazzmusiker. Eigentlich habe er immer Jazz gemacht, befand er zur Veröffentlichung dieser CD, gut versteckt in leichten, süffigen Arrangements oder im halbprivaten Ambiente. Nach 1980 tat er es aber auch offen und gar nicht versteckt. Gerne tat er sich mit Max Greger und Hugo Strasser zusammen.
Und dann das: In den legendären Capitol Studios von Los Angeles begab sich Paul Kuhn in die Hände des siebenfachen Grammy-Gewinners Al Schmitt, dem Toningenieur für Henri Mancinis Soundtrack für „Breakfast At Tiffany’s“ und Klangveredler von George Benson oder Ray Charles. Eigenkompositionen und Hommagen an Kollegen, immer auf den Spuren seines Idols Frank Sinatra, den Paul Kuhn aber nie persönlich kannte. Die Erfüllung eines Lebenstraums in Rhythmus und Melodie.