Liebe Leserin!
Lieber Leser!

Sind Sie begeisterter Kinogänger oder begeisterte Kinogängerin? Dann kennen Sie Werner Herzog sicherlich. Den Mann, der mit dem „ewigen Irren und ständigen Bösewicht“ Klaus Kinski so beeindruckende Filme wie „Fitzcarraldo“, „Nosferatu“ oder „Aguirre, der Zorn Gottes“, gemacht hat. Herzog, inzwischen 70 Jahre alt, hat jetzt eine Auftragsarbeit eines US-Telekommunikations-Anbieters übernommen mit dem beziehungsreichen Titel: „From one second to the next“ – „Von einer Sekunde zur nächsten“.

Er erzählt dort beeindruckend und en detail vier Einzelschicksale von Personen, deren Leben sich innerhalb von Sekunden völlig veränderte, heißt: völlig aus den Fugen geriet. Auslöser war in jedem Fall der Gebrauch eines Mobiltelefons im Auto. Das SMSen, also Versenden von Kurznachrichten über das Handy, zudem völliger überflüssiger SMS, von führte in allen Fällen in die Katastrophe: Auffahrunfälle, Crashs, Tote, ausgelöschte Familien. Ein Leben, das – analog zum Titel – „von einer Sekunde zur nächsten“ nicht mehr war wie früher.

Dass es sich dabei um eine Auftragsarbeit eines Mobilfunkanbieters handelte, störte Herzog, wie er selbst bekannte, nicht im Geringsten. „Der Film ist ja kein Werbespot. Hier werden Familien von Katastrophen erschüttert, sagte Herzog, der seit über 20 Jahren in den USA lebt, zur Tragweite, die das Thema für ihn hat. Innerhalb einer Sekunde werden Leben ausgelöscht oder für immer verändert. Ich war mir sicher, dass ich einen so emotionalen Stoff umsetzen kann.

Die Reality-Doku soll nach Angaben des Auftraggebers AT&T in über 40.000 Schulen in den Staaten gezeigt werden und auch im Internet frei zugänglich sein. Es werden, so der Auftraggeber in einer Pressemeldung, weder Unfälle von Schauspielern nachgestellt, noch treten Verkehrsexperten mit erhobenem Zeigefinger auf. Sondern: Reale Personen erzählen von echtem Leid. Dazu zeigen Polizisten die Aufnahmen von den Unfallorten.

Eindringlicher, liebe Leserinnen und Leser, kann man nicht wohl nicht darauf aufmerksam machen, welche erschütternden Auswirkungen die überflüssige „Beschäftigung mit dem Handy, das Ablenken vom Straßenverkehr, per Blick aufs Display haben kann, auch wenn es nur um Sekunden dieser Beschäftigung geht. Wer glaubt, er müsse unbedingt jetzt eine SMS los werden, gerne – nur nicht, wenn er oder sie am Steuer eines Autos sitzt. Im eigenen Interesse, aber auch im Interesse Unbeteiligter. Der Streifen wird das in aller unter die Haut gehender Eindringlichkeit zeigen.

Das File zu dem Film lautet übrigens www.itcanwait.com/stories. Vielleicht sollten Sie, liebe Leserinnen und Leser, ihn einmal vorführen. Wem? Heranwachsenden und Jugendlichen, die glauben, ihr permanentes Mitteilungsbedürfnis überall ausleben zu müssen. Es wird bestimmt nicht Werner Herzogs banalster Film werden.

Ich wünsche Ihnen ein angenehmes Wochenende.

Ihr Jürgen C. Braun

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