Historischer Motorsport ist eine ganz besondere Facette von Auseinandersetzungen auf der Rundstrecke. Denn dabei geht es nicht nur um den sportlichen Wettstreit, nicht nur um Ergebnisse, sondern auch um den möglichst original getreuen Zustand eines Fahrzeuges, das die Patina der Jahre mit Würde und Stolz trägt. Autos, die vor vielen Jahren und Jahrzehnten aktuellster Stand der Rennwagentechnik waren, noch einmal am Limit auf der Piste zu erleben: das ist die ganz besondere Faszination von Veranstaltungen, bei denen neben dem reinen Spaß auch noch ganz viel Bewunderung hinzu kommt. Bewunderung dafür wie Ingenieure, Designer, Mechaniker und Piloten unter ungleich schwierigeren Bedingungen als heute Motorsport betrieben haben. Ein Motorsport, der ausschließlich auf der Piste, im Kampf der Piloten gegeneinander und nicht am Kommandostand vom Teamkameraden Computer entschieden wurden.
Veranstaltungen, in denen wirklicher, puristischer Motorsport betrieben wird, findet man nicht sehr häufig. Vor allem aber nicht in jener Markenvielfalt, wie das von Freitag bis Sonntag dieser Woche auf dem Nürburgring der Fall sein wird. Denn das Festival in und um die „Grüne Hölle“ ist alljährlich der Höhepunkt der historischen Motorsport-Saison. Mehr als 50.000 Zuschauer werden demzufolge beim „Oldtimer-Grandprix“ des AvD erwartet. Historische Rennfahrzeuge mit einem unschätzbaren finanziellen und ideellen Gegenwert bevölkern von Freitag bis Sonntag Nordschleife, Grandprix-Strecke sowie das historische und das aktuelle Fahrerlager.
Der „Oldie“ ist auch immer ein gern wahr genommener Pflichttermin für viele Markenclubs und die Klassik-Abteilungen der großen Werke. Sie öffnen dann bereitwillig und voller Stolz die Tore zu ihren Kunstschätzen der vergangenen Dekaden. Einmalige Pracht-Exemplare aus den Häusern Mercedes-Benz, BMW, Opel, Jaguar, Maserati, Ferrari oder Alfa Romeo, um nur einige stellvertretend zu nennen, werden Zeugnis von der Kunst der Ingenieure, Designer, Fahrer und Mechaniker vergangener Jahrzehnte ablegen. Opel stellt in einem eigenen Zelt im neuen Fahrerlager 20 historische Rennwagen aus, von denen das Älteste bereits 110 Jahre alt ist. Die Opel-Veteranen können die Zuschauer auf einer viertelstündigen Demorunde jeweils am Samstag und am Sonntag bewundern.Hinzu kommen, vor allem beim Historic-Marathon am Freitag auf der Nordschleife, noch liebevoll restaurierte und erhaltene Einzelstücke von Automarken, die längst den Weg in die „ewige Garage des Motorsports“ angetreten haben. Alleine über 40 Vorkriegsfahrzeuge versammeln sich in der der „Juwelen-Kammer“, dem Historischen Fahrerlager, um von dort aus zur „Vintage Sports Car Trophy“ zu Ausfahrten über die Nordschleife und in die Umgebung des Nürburgrings zu starten.
Die Veranstaltung ist aber auch, dem Namen „Grand-Prix“ entsprechend, mehr als nur ein rollendes Museum oder eine Schnauferl-Parade. Insgesamt 14 Rennen finden an den drei Tagen statt, sowohl auf der Nordschleife, wie auch auf der Grand-Prix-Strecke. Und die werden nicht minder spannend sein als ein Fahrerfeld mit aktuellen Formel- oder Tourenwagen-Fahrzeugen. Im Gegenteil: Wahrscheinlich wird es intensiverer Motorsport werden, als das heute über die diversen Mattscheiben von öffentlich-rechtlichen oder privaten Fernsehsendern flimmert.
Dem Geist und Zweck der AvD-Veranstaltung Rechnung tragend, treten alle drei historische Meisterschaften des Motorsport-Weltverbandes FIA an: Alleine 26 Formel-1-Fahrzeuge aus den 70er und 80er Jahren gibt es in den beiden Rennen der FIA Masters Historic Formula One Championship zu bewundern. Mehr als drei Dutzend Sportwagen und Prototypen aus den 60er und 70er Jahren werden zum Lauf der FIA Masters Historic Sports Car Championship erwartet. Ein grandioses Starterfeld sind auch die 50 Fahrzeuge der kleinen Monoposti in der FIA Lurani Trophy für Formel-Junior-Fahrzeuge.
Doch es werden auch echte Raritäten unter den PS-Veteranen auf die Strecke gehen. Dazu gehören zum Beispiel drei der ganz seltenen Veritas-Modelle, exzellente Sportwagen aus der unmittelbaren Nachkriegszeit. Diese Fahrzeuge wurden damals im Schatten der Nürburg produziert. Auch die großen Namen des Formelsports der früheren Jahrzehnte werden am „Ring“ nicht fehlen. Namen wie Ferrari, Bugatti, Cooper, Lotus und gleich sieben der legendären Maserati 250F lassen das Herz eines jeden Motorsportfreunds höher schlagen.
Weitere Infos (Tickets, Preise, Programm, etc.) unter
www.avd-oldtimer-grand-prix.de
Text und Fotos: Jürgen C. Braun