40 Jahre Rallye-WM lassen die Eifel beben

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Herbie lebt – und nicht nur er: Rund 170 historische Renn- und vor allem Rallye-Boliden gaben sich am letzten Juliwochenende beim Eifel-Rallye-Festival rund um die Kreisstadt Daun ein Stelldichein. OK, Herbie ist nicht die legendäre Film-Rennsemmel mit der Startnummer 53, aber ein Treffen von Motorsport-Legenden ohne Käfer? Das kann irgendwie nicht sein.

Doch die Lieblinge der mehr als 40.000 Zuschauer sind andere. Die Startliste liest sich wie ein Who-is-who aus 40 Jahren Rallyesport, genauer aus 40 Jahren Rallye-WM, denn die wurde 1973 erstmals ausgetragen. Marken oder Typen gefällig? Einfacher ist es wahrscheinlich anders herum. Welche Marke fehlt? Also Feuer frei. Mercedes vielleicht? Falsch! Hier ist schon die Startnummer 2 ein Treffer. Ein 500 SL, Baujahr 1980, mit keinem geringeren als dem ersten Fahrer-Weltmeister Björn Waldegård aus Schweden am Steuer. Mit exakt diesem SL hatte Walter Röhrl 1981 Testfahrten unternommen, als Mercedes ganz groß in den Rallyesport einsteigen wollte, dieses Abendteuer aber wenig später schnell wieder abgeblasen hatte. Zu groß schien den Stuttgartern damals der Technologievorsprung von Lancia und den plötzlich auftauchenden Allradlern von Audi im Rallyesport. Nächste Rateversuche: Saab vielleicht, Talbot, Trabant, DAF oder Datsun? Wieder alles daneben, in der Vulkaneifel sind auch diese teilweise fast vergessenen Marken am Start.

Die Überlegenheit von Lancia und Audi in der Rallyeszene vergangener Zeiten zeigt sich indes auch rund um Daun deutlich. Gleich drei Lancia Stratos brüllen um die Wette, lassen mit ihrem Sound die Eifel beben. Dazu kommen noch drei Lancia 037 – einer davon pilotiert von Ex-Europameister Yves Loubet, der hierfür eigens von der Insel Korsika angereist kommt. Beta Coupé, Fulvia und Delta Integrale runden den Reigen der italienischen Marke ab. Ähnlich sieht es bei Audi aus, deren Fahrzeuge gleich 14mal in den Startlisten auftauchen. Dazu kommen unzählige Quattros auf den Zuschauerparkplätzen. Auch hier klangvolle Fahrernamen wie der zweifaache Deutsche Meister Harald Demuth oder Susanne Kottulinsky. Zusammen mit der Schwedin Christina Thörner war sie in den 1980er Jahren erfolgreich als Damenteam im Audi Quattro unterwegs. In der Szene hießen die beiden schnellen Ladies nur Susi Quattro und Tina Thörner – in Anlehnung an die beiden Rockmusikerinnen.

Allen voran aber ist Walter Röhrl unterwegs. Der zweifache Rallyeweltmeister greift abwechselnd mit einem Porsche SC von 1980 und einem Opel Ascona 400 ins Geschehen ein. In genau diesem Ascona 400 mit der Fahrgestellnummer RA 39 hatte Röhrl 1982 zum dritten Mal die Rallye Monte Carlo gewonnen. Nach mehreren Einsätzen bei der Safari-Rallye blieb der Opel in Kenia, ehe er dann 2009 nach Deutschland zurückgekauft werden konnte. Übrigens haben 25 Boliden den Blitz im Logo. Neben Manta, Ascona und Kadett wird auch ein Commodore GSE um die Ecken gewuchtet.

Dritter Weltmeister im Bunde ist der Schwede Stig Blomqvist, der einen Mazda 323 GT-X bewegt. Mit diesem Auto hatte 1991 ein damals noch recht unbekannter Jungspund namens Tommi Mäkinen Rang fünf bei der 1000-Seen-Rallye belegt. Er wurde später viermal in Folge Rallyeweltmeister.

Man sieht, die Geschichten rund um die Teilnehmerfahrzeuge und -fahrer des Eifel-Rallye-Festivals könnten ganze Bücher füllen. Weltweit einmal – das ist sicher keine Übertreibung für die dritte Auflage dieses Festivals. In diesem Jahr wechseln sich sengende Sonne und fiese Gewitterschauer ab, doch das kann der Stimmung der 40.000 keinen Abbruch bereiten. Eine Rolle spielt dabei sicher die hervorragende Organisation durch den Motorsport-Club Daun e. V. im ADAC, der eine sehr kompakte Veranstaltung mit ausreichend WP-nahen Parkflächen und vor allem sehr selektiven Strecken auf die Beine gestellt hat. Sechs der neun abgesperrten Strecken sind Rundkurse, bei denen die Rallyeboliden zwei- oder sogar dreimal zu bewundern sind. Die sanften Hügel der Vulkaneifel bieten dabei zahlreiche Naturtribünen, von denen aus große Streckenteile einzusehen sind.

Formal sind alles Demonstrationsfahrten ohne Zeitmessung. Doch wie kann man ein Rallyeauto den Fans besser vorführen, als dass man mit ihm quer durch eine Kurve driftet. Da kann es dann selbst einem Walter Röhrl mal passieren, dass er sich mit seinem 911er in einer hängenden Rechts-links-Kombination dreht. Was soll's! Ersten Gang rein und sofort mit Vollgas weiter. Das Publikum dankt's mit Applaus.

Normalerweise sollte der Beifahrer in einem Rundkurs bis drei zählen können. Eine Runde zuviel bringt viele zusätzliche Minuten, die nie wieder einzuholen sind. Doch bei den ungezeiteten Rundkursen in der Vulkaneifel stört das keinen. Im Gegenteil. Dankbar wird zur Kenntnis genommen, dass Christophe Faivre-Pierret im Mini Cooper S mit der überdimensionalen Startnummer 177 eine schnelle Extrarunde dreht. Die 177 will optisch weder zum Auto noch zu den übrigen Startnummern passen. Ein Blick ins Programmheft gibt die Aufklärung: Mit einem solchen Rennzwerg hatte Rauno Aaltonen 1967 die Rallye Monte Carlo gewonnen.

Wir freuen uns schon jetzt auf das vierte Eifel-Rallye-Festival. Sobald der Termin feststeht, wird er ganz dick im Kalender angestrichen.

Text und Fotos: Gregor Mausolf

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