4×4-Touren: Alternative Bulgarien

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Als die große Welle der Allrad-Touren auch über Deutschland hinweg schwappte, das war in den mittleren Achtzigern, gab es hierzulande etwa ein Dutzend ordentlicher Offroad-Gelände, in denen man ein spannendes Wochenende verbringen konnte. Zwei Drittel davon lagen in Deutschlands Osten, da vor allem ehemalige NVA-Panzerübungsgelände. Bald wurde Deutschland für die Szene zu klein. Frankreich, Italien und Spanien lockten. In der Zwischenzeit sind etwa 60 % der alten Trails dort, die meist vom Militär angelegt waren, gesperrt und die Behörden haben ein äußerst wachsames Auge auf alles, was vier angetriebene Räder aufweist: Es kann schmerzhaft teuer werden. Nächste Ausweich- Station war dann Ungarn, die Puszta rief und viele, zu viele, kamen und hinterließen ihre Spuren und Derivate im tiefen Boden. Dann waren eine gewisse Zeit lang mal die Karpaten in, vor allem im rumänischen Teil. Da gab es einen Sack voller unerfreulicher Erlebnisse inklusive nachträglichem Abkassieren der Gruppen und auch Diebstählen.Wir suchten nach machbaren, erlebnisreichen Alternativen und wurden im Süden Bulgariens fündig.

Nur wenige Kilometer von der nordgriechischen Grenze entfernt liegt die bulgarische Kurstadt Sandanski, am Fuße des mächtigen Pirin-Gebirges. Gepflegt wie Bad Kissingen sagte ein Besucher, dazu viele Läden, es gibt alles, vor allem heimisches Handwerk, der Welt berühmtestes Rosenöl, Nahr- und Schmackhaftes in Bistros und vielen Restaurants zu Preisen, die wir hier kaum mehr kennen. Die Freundlichkeit der Bulgaren ist schon sprichwörtlich, was bei der Eroberung des Umlandes mit dem Geländewagen sehr hilfreich ist. Mit englisch, oftmals sogar mit deutsch kommt man überall hin. Unser bevorzugtes Hotel, hatte nur 3 offizielle Sterne, stellte sich aber als komplett modern renoviert mit absolut westlichem Standard heraus. Der Chef des Hauses Avis, bietet neben schönen Zimmern inmitten eines Parks auch ein Restaurant, das wir gerne des Öfteren besuchten: Wir wussten die Qualität zu schätzen. Aber auch andere Restaurants und Hotels bieten feine heimische Spezialitäten an. Die 4×4-Touren führen überwiegend ins Pirin-Gebirge, das sich bis auf knapp 3.000 Meter hoch aufbaut. Die berühmte Skistation Bansko (Ski-Weltcup Damen und Herren!) gehört ebenso zu den Zielen, wie die Strecke von Dobriniste nach Goce Delcev mit Durchquerungen des Gebirges. Schotter, Staub und Steine: Alles, was des Allradfahrers Herz höher schlagen lässt, ist in unendlicher Vielfalt vorhanden. Dazwischen lauschige Seen, die zum Baden und Verweilen einladen. Es soll schließlich ein Anti-Stress-Programm sein. Die andere Seite, nordöstlich des Pirin, ruft: Der Hochgebirgssee Jaz Belmeken darf teils mit Auto, teils zu Fuß umrundet werden. Gleiches gilt für den etwas weiter östlich gelegenen Jaz Dospat-See, der fast 15 Kilometer lang ist. Ein bunteres und facettenreicheres Programm ist innerhalb Europas derzeit kaum vorstellbar. Und wenn mal die Technik am Fahrzeug zu mucken wagt: Automobiles und phantasievolles Wirken liegen in Bulgarien ganz dicht beieinander.

Um die politischen Animositäten zwischen Serbien, Albanien, Kosovo, Mazedonien und Montenegro zu umgehen, bietet sich die Fährfahrt von Triest ins griechische Igoumenitsa für die Hin- und Rückreise an: etwa 25 Stunden mit Außenkabine sind ein honorables Angebot, das zügig und relaxed zum Ziel führt und unter dem Strich sogar preiswerter ist als der Landweg. Von der griechischen Hafenstadt geht's dann munter auf der neuen Autobahn bis Saloniki, von dort direkt nach Sandanski: Man sollte stressfreie 5-6 Stunden einplanen. So werden Spannung und Entspannung harmonisch miteinander kombiniert.

Text: Frank Nüssel
CineMotBilder: Inge Rumpp

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