Liebe Leserin, lieber Leser!

Geht es Ihnen manchmal nicht auch so, dass Sie nach ein paar Stunden Autofahren so richtig „gerädert“ aus Ihrem Fahrzeug steigen? Gleich, ob Sie nun mit einem ultrakompakten Kleinwagen oder einer geräumigen Großraumlimousine unterwegs waren. Auto fahren, daran besteht kein Zweifel, ist eine physische und eben auch eine psychische Belastung. Der oder die Eine, je nach Alter, Fitnesszustand oder auch „Tagesform“ bewältigt sie leichter als der oder die Andere.

Nun sind solche Erscheinungen nach langen Autofahrten meist die Ausnahme von der Regel, außerdem kann man durch regelmäßige Pausen und ein paar „Freiübungen“ die ganze Sache etwas besser in den Griff bekommen. Etwas Anderes ist es da schon, wenn der Fahrer oder die Fahrerin über ständige Beschwerden klagt, also chronisch krank ist. Mit diesem Thema befasste sich vor wenigen Tagen in Hamburg ein Verkehrs-Symposium mit ein paar hundert Teilnehmern und namhaften Experten. Diskutiert wurde vor allem die Frage: „Sollen sich Menschen, die regelmäßig Auto fahren, aber an Krankheiten leiden, die ihre Aufmerksamkeit beeinträchtigen oder ihre Eignung zum Führen eines Kraftfahrzeuges in Frage stellen, einem regelmäßigen Pflicht-Check unterziehen?“

Die Meinungen darüber gingen sehr auseinander. Von Diskriminierung einzelner Gesellschaftsgruppen bis zu verantwortungslosem Umgang mit Leib und Leben von Mitmenschen reichte die Spannweite der Meinungen. Fünf Prozent aller Statistiken, so Professor Hermann Klein, Repräsentant der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie, könnten durch Unfälle ausgelöst werden, die auf organischen Erkrankungen und deren Folgen beruhen. Zwar gebe es darüber keine belastbaren Statistiken, aber der Wert sei nicht unrealistisch. Diese Zahl liege zwar unter der Grenze von Unfällen, die etwa durch Alkohol am Steuer entstünden, dennoch müsse man sich darüber Gedanken machen.

Das sind, so denke ich, Thesen, deren Argumentation, man sich nicht verschließen kann. Ihnen und auch mir ist sicherlich noch der schreckliche Unfall in Erinnerung, als im vergangenen Jahr in Hamburg ein Autofahrer nach einem epileptischen Anfall in eine Menschenmenge gerast war, wobei vier Personen getötet wurden. Die Frage, die sich danach stellte, lautete: „Wäre diese Katastrophe zu verhindern gewesen, wenn der Betroffene aufgrund seiner Krankheit nicht mehr hätte Auto fahren dürfen?“ Fragen, die danach natürlich nicht mehr konkret und korrekt beantwortet werden können.

Professor Volker Dittmann, der Präsident der Deutschen Gesellschaft für Verkehrsmedizin, forderte bei diesem Symposium im Namen seiner Gesellschaft, dass nach jedem schweren Unfall ein unabhängiger Arzt den Verursacher untersuchen solle, ob nicht ein chronisches Herzleiden, oder ein anderes körperliches Gebrechen der Unfall-Auslöser gewesen sein könnte. Natürlich müsse man dann auch vorher festlegen, ob der Arzt nur eine Nachweis- oder Kontrollfunktion haben kann, oder ob er auch Bedenken wegen der Gesundheit des Patienten an die Behörden weitergeben darf oder gar muss. Das hätte dann auch die Verletzung der ärztlichen Schweigepflicht zur Folge.

Wie auch immer, liebe Leserinnen und Leser, ich denke, das ist ein sehr komplexes Thema mit Für und Wider. Die Problematik aber zeigt meiner Meinung nach auch jedem Einzelnen von uns die Notwendigkeit zu eigenverantwortlichem Handeln und zur realistischen Einschätzung seines eigenen Gesundheitszustandes auf. Wir müssen uns nicht immer von Papa Staat gängeln und an die Hand nehmen lassen und darauf warten, dass etwas zur Pflicht und zum Gesetz wird. Der gesunde Menschenverstand sollte es dabei durchaus auch einmal tun.Ich wünsche Ihnen ein angenehmes Wochenende.

Ihr Jürgen C. Braun

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