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Erich Kästner: Die Montagsgedichte. Atrium Verlag; 14,90 Euro.

Krisen, Krisen, nichts als Krisen. Man könnte meinen, hier habe ein junger Journalist in den letzten Wochen alles in die Tasten gehauen, was ihn zum Tagesgeschehen bewegt.

Nun, ein junger Mann war es tatsächlich, bewegt vom Geschehen seiner Zeit war Erich Kästner damals auch. Allein: Diese Zeit liegt gut 80 Jahre zurück. Dem Tenor der Gedichte merkt man das nicht an, nur zum besseren Verständnis des jeweiligen sachlichen Hintergrunds passen die Anmerkungen des Herausgebers hervorragend. Eine Politik, die der Bürger nicht (mehr) versteht, Zukunftsangst, der man unter anderem mit Sarkasmus begegnet, um nicht zu resignieren…wir befinden uns in der Zeit nach dem Ersten und vor dem Zweiten Weltkrieg. Und doch kommt einem das, nimmt man die Schlagzeilen der letzten paar Monate parallel dazu, sehr bekannt vor. Zum Tagesgeschäft des damals rund 30-jährigen Erich Kästner gehörte nicht primär das Schreiben der Kinderbücher, die ihn hauptsächlich berühmt machten, sondern Auftragsgedichte, die der Journalist für die Tagespresse schrieb. Die wurden aufmerksam gelesen, so aufmerksam, dass es den genüsslichen Provokateur auch mal einen Job kosten konnte. Was in gewisser Weise auch als Kompliment für den Verfasser interpretiert werden kann.

Der Atrium Verlag, seit Jahrzehnten mit dem Namen Erich Kästner untrennbar verbunden, widmet sich in Neuausgaben auch dem weniger bekannten Werk des 1974 gestorbenen Schriftstellers. In den letzten Lebensjahren hatte er noch vor Atomkraft und der Aufrüstung der noch jungen Bundesrepublik Deutschland gewarnt und schließlich weitgehend aus der Öffentlichkeit zurückgezogen. Die jetzt veröffentlichten Montagsgedichte gehören zweifellos zu den interessantesten Neu- bzw. Wiederentdeckungen in seinem nicht eben schmalen Oeuvre.

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