CD-Tipp der Woche

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Melissmell: Ecoute s'il pleut. (Discograph)

Nimmt man den Namen auseinander, heißt er übersetzt: Der Duft der Melisse. Das mag Erwartungen wecken an Beruhigendes, an Meditatives, vielleicht sogar an Kräuterwissen, von dem die Großmutter noch so viel in petto hatte.

Die Musik von Melissmell klingt anders. Das hat nichts von einer Oma mit Lorgnon und Dutt, die aus einer Blechbüchse mit Kräutern ein Teechen kredenzt. Als Vorbilder gibt das französische Quintett mit dem ungewöhnlichen Namen unter anderem Jacques Brel, Charles Baudelaire und Léo Ferré an, musikalisch die Smashing Pumpkins mit Billy Corgan. Aus Melancholie machen sie Rock'n'Roll. Den Namen erklärt die Frontfrau so: Von der Großmutter kannte sie die Melisse als Allroundtalent zur Behandlung von Frauenleiden.

Melancholie einerseits, krachende, rebellierende Klänge andererseits: Von bekannten Frankreichexporten kennt man beides, aber getrennt. Zum Beispiel Brel, der genau so sarkastisch wie zart sein konnte, und Johnny Hallyday, der sich in den späten Sechzigern einen bis heute legendären (Kultur) streit unter dem Motto Lange Haare, kurzer Verstand mit dem Sänger Antoine lieferte: Hier der Rock'n'Roller, da der Repräsentant der 68er Werte.

Umso überraschter kann man sein, wie das hier zusammengeht. Die Plattenfirma spricht von einem Dash Rock'n'Roll, den die Musiker der erwähnten Melisse beifügten (die außer den genannten Eigenschaften auch eine mild euphorisierende Wirkung entfalten kann). Der Dash, übersetzt ein Spritzer (Verschärfendes beim Mixen von Cocktails) darf als kleine Untertreibung durchgehen. Es ist schon eine gute Portion, die Melissmell ihren melancholischen Texten beifügen.

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