Buchtipp der Woche (1)

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Bernd Imgrund: 101 deutsche Orte, die man gesehen haben muss. Theiss Verlag; 14,95 Euro.

Vielleicht wohnen Sie ganz in der Nähe eines interessanten Ortes, ohne ihn im Tun und Treiben des Alltags einmal richtig wahrgenommen zu haben. Wenn, so wird es Ihnen nach der Lektüre von Bernd Imgrunds Zusammenstellung auffallen. Der Kölner Journalist spannt den Bogen vom Aachener Dom zum Dresdner Zwinger. Neben so bekannten Sehenswürdigkeiten sind es aber vor allem die verborgenen Schätze, die sein Buch so interessant machen. Da ist das Farina-Haus in Köln, das die Originalgeschichte eines Dufts erzählt, den man zwar mit der Stadt assoziiert, vor allem aber mit einer vierstelligen Zahl. Da ist die Wuppertaler Schwebebahn, die vielleicht nur den Wuppertalern ein reines Verkehrsmittel ist, längst aber eben auch ein Wahrzeichen. Da ist der Bremer Roland, der allenfalls amerikanischen Touristen klein vorkommt, die an die Dimensionen einer Freiheitsstatue gewöhnt sind. Da ist der Nürburgring, der nicht umsonst Grüne Hölle heißt. Da ist die älteste protestantische Alma Mater Deutschlands, die nicht in Berlin oder Hamburg steht, sondern – in Marburg.

Gerade die Philipps-Universität in der schmucken hessischen Stadt zeigt, wie Imgrund seine Reise von Ort zu Ort immer auch mit Persönlichkeiten verbindet. Eine akademische Lehranstalt ist eben nicht primär da, um geplagte Studenten mit sadistischen Prüfungen zu triezen, sondern hat einen gesellschaftlichen Auftrag. So begegnen wir dem Anliegen Martin Luthers ebenso wie den Ideen von Karl May, den friedlichen Demonstranten in der Leipziger Nikolaikirche, deren Hartnäckigkeit das Ende der DDR nach sich zog und dem – nicht eben unumstrittenen – Komponisten Richard Wagner.

Man möchte ins Auto springen (es muss ja nicht unbedingt ein VW-Bulli sein wie auf dem Cover) oder in den nächsten Zug, wenn man all dies nachliest. Wenn just die Zeit dafür fehlt, wird sich unter 101 Orten sicher einer finden, der ganz in Ihrer Nähe ist. Dann also nichts wie hin. Und wenn man eine längere Reise zu einem oder mehreren der Orte plant, passt das Büchlein problemlos in die Jackentasche oder ins Handschuhfach. Einer hat sich jedenfalls schon vorgenommen, es Bernd Imgrund gleichzutun. Ob Manuel Andrack dies, wie meistens, wandernd tun wird, lässt er in seinem Vorwort freilich offen.

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