Mit dem heutigen Tag könnte er auch „von Amts wegen“ offiziell in Rente gehen. Deutschlands bekanntester Rallyefahrer aller Zeiten, Walter Röhrl, feiert am 7. März 2012 seinen 65. Geburtstag. Was ist das Besondere, das Faszinierende an einem Mann, dem selbst Jugendliche noch nacheifern, die seine Enkel sein könnten. Ein Mann, dessen Bekanntheits- und Beliebtheitsgrad nach wie vor ungebrochen ist. Der Versuch einer Zeitenreise und Spurensuche.
Daun, eine kleine Kreisstadt in der Eifel im Sommer 2011. Das „Eifel Rallye Festival“, ein Oldtimer-Treffen, zieht Tausende von Besuchern in seinen Bann. Zur Mittagszeit laufen zwei Jungs, vielleicht 14 oder 15 Jahre alt, einem hageren, sportlich wirkenden, älteren Herrn im Renn-Overall hinterher: „Das ist der Röhrl“, klären sie ihre Kollegen auf. Das Autogramm vom vierfachen „Monte“-Sieger, Ex-Europameister und zweimaligen Rallye-Weltmeister gibt es selbst redend. Und ein freundliches Wort noch obendrein.
Als „der Lange“ in den 70er und 80er Jahren seine größten Erfolge auf Opel, Fiat, Lancia und Audi in der Rallye-Weltmeisterschaft feierte, besaßen die Väter jener Bewunderer, die ihm heute noch nacheifern, größtenteils nicht einmal einen Führerschein. Auch für jene, die dem Motorsport vielleicht gar nicht einmal so sehr nahe standen. Warum?
„Er ist eine Ausnahmeerscheinung. So einen wie Walter gibt es nur alle 100 Jahre mal. Wer einmal neben ihm sitzen durfte und miterlebt, wie er ein Auto im Grenzbereich mit nur ganz wenigen Korrektur-Eingriffen bewegt, wie er ruhig und gelassen bleibt, und Reaktionen des Autos voraus ahnt, der ist fasziniert von diesem Mann“, sagt Armin Kohl, der Leiter der WM-Rallye Deutschland. Auch als Mensch, nicht nur als Rallyeprofi, sei er eine Persönlichkeit: „Walter hat sich nie verbiegen lassen. Er war nie angepasst. Er hat zu allem eine feste Meinung, die er vertritt, und zu der er steht.“
Karl Fries aus Daun, der langjährige Leiter der zur Deutschen Meisterschaft zählenden Eifel-Rallye kennt Röhrl seit dessen WM-Zeiten aus den 1980er Jahren. „Als Fahrer war er immer sehr introvertiert und zurück haltend. Aber Walter ist heute ein richtig leuteseliger Mensch geworden. Er gibt mit Engelsgeduld Autogramme oder lässt sich mit Kindern auf dem Arm fotografieren.“ Im Juli wird Röhrl als Schirmherr des Eifeler Rallyefestivals, zu dem wieder Tausende von Zuschauern in und um Daun erwartet werden, fungieren. Und natürlich selbst fahren.
In einem Gespräch mit uns, das wir schon vor ein paar Jahren führten, hatte Röhrl auf die Frage nach den Gründen seiner ungebrochenen, jahrzehntelangen Popularität eine zwar hypothetische, aber auch durchaus schlüssige Antwort parat: „Vielleicht, weil ich zwar schnell bin auf abgesperrter Strecke. Aber auf der Straße habe ich nie die Sau raus hängen lassen. Und ich hab’ mich nie davor gescheut den jungen Leuten ins Gewissen zu reden und Ihnen zu sagen, dass so ein Auto etwas verdammt Gefährliches sein kann, wenn man damit Unfug anstellt. Und auf einen, der damit umgehen kann, hören sie scheinbar.“
Ihn selbst, sagte Röhrl, fasziniere auch nicht die Geschwindigkeit, wenn er im Auto sitze. „Geschwindigkeit ist für mich keine Faszination. Auch wenn die Leute das von mir denken. Faszinierend ist für mich, mit welcher Perfektion ich etwas mache. Das gilt für mich beim Skifahren oder auf dem Rennrad genau so wie beim Autofahren.“ Das größte Lob für Röhrl, der Skirennläufer, Ruderer und Radsportler war und immer noch Tag für Tag Sport treibt, erteilte ihm Ex-Formel-1-Weltmeister Niki Lauda: „Der Walter ist ein Genie auf Rädern.“
Text: Jürgen C. Braun
Fotos: Oliver Kleinz, Audi