Alternative Fahrzeugantriebe: Der Stand der Dinge

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Die IAA 2011 hatte ihr Herz der automobilen Zukunft und den elektromotorischen Antrieben gewidmet. Das las sich gut und sah vor Ort recht passabel aus: immerhin durfte sich eine Messehalle mit diesem Thema ganz alleine schmücken. Wesentlich näher am aktuellen Zeitgeist gaben sich da die führenden Automobilhersteller, der der Reihe nach, die zumindest für die Messe, ihr Engagement für den Hybridantrieb dokumentierten. Wer genauer hinsah, bemerkte den offenen Betrugsversuch: das zweite Herz, der Elektromotor, diente, gerade bei den Herstellern aus Zentraleuropa, eigentlich nur dem grünen Mäntelchen. Der Batterie betriebene Zusatzmotor war (und ist noch immer) so ausgelegt, dass er eine zusätzliche Start- respektive Beschleunigungshilfe darstellt, also mehr Power zum Verbrennungsmotor addierte. Ein rein elektrisches Fahren, wie beim so genannten Vollhybriden, war nur wenige hundert Meter möglich. Einen ganz anderen Weg war Toyota aus Japan bereits vor 17 Jahren gegangen. Mit ersten Vormodellen des Prius wurden Praxiserfahrungen im Land der aufgehenden Sonne gesammelt, ausgewertet und in zeitgerechte Lösungen umgesetzt. 2001 kam der Prius dann als erster Vollhybrid nach Deutschland und generierte zum Schrittmacher für diese Umwelt- und Ressourcen schonende Antriebstechnik. 2012 kommt nun in Bälde der Prius der 3. Generation auf den Markt, mit Plug in-Technik, zum direkten Laden an heimischer Steckdose. Und wenn daraus auch noch 100 % Ökostrom kommt, geht das Toyota-Credo vollends auf. Doch ruhten sich die Japaner nicht auf ihren Meriten aus. Inzwischen bilden sie, im Konzert mit der Tochter Lexus, ein Sixpack an Hybrid-Modellen, das über das erfolgreiche SUV RX 450 h bis zum Flaggschiff LS 600 h reicht. Und noch im Sommer 2012 folgt der Verkaufshit Yaris ebenfalls mit einem Hybridantrieb.

Künftig präferiert Toyota die neueste Entwicklung eines Leistungsverzweigten Vollhybrids, bei dem die Effizienz des Verbrennungsmotors ebenso gesteigert wird wie die Leistung der Akkumulatoren bei weiter abgesenktem Gewicht. Dies kommt der Zuladung an Personen und Gepäck zugute. Und beim ebenfalls angedachten voll elektrifizierten Antrieb, bei dem schwere Einzelkomponenten wie Kupplung, Getriebe, Anlasser etc. fehlen, sieht die Frage der Nutzlasterweiterung noch besser aus. Das sei aber noch etwas entfernte Zukunft, meinte Technik-Sprecher Dirk Breuer. Auf die aus dem Auditorium gestellte Frage, wie Toyota denn mit der General Motors-Lösung eines rein elektrischen Antriebs mit dem Range Extender umgehe (zusätzlicher Verbrennungsmotor, der ausschließlich einen Generator antreibt, der dann wiederum die Batterien nach ihrer Entladung wieder auflädt) antwortete Breuer bei diesem Technik-Seminar: Das ist eine zwar praktikable Lösung, aber sie arbeitet mit einer dreifachen Verlustkette: Erst wird Kraftstoff verbrannt, um einen Generator anzutreiben. Dann muss dieser Generator (wieder mit Energieverlust …) die Batterien füllen, die ihrerseits wieder den gespeicherten Strom an den Elektromotor abgeben. Das klang ein wenig nach Rufen im Walde, denn ein echter, praxisgerechter Vergleich (Kosten, Reichweite, Haltbarkeit der Systemkomponenten) zwischen den Konzepten der beiden weltgrößten Autohersteller hat bislang noch nicht stattgefunden. Und der sollte mindestens eine Wegstrecke von 50.000 Kilometern umfassen, um aussagefähige Ergebnisse zu generieren. Für die Japaner spricht auf jeden Fall, dass sie mit einem Vorsprung von vielen Jahren ins weitere Rennen gehen, dass sie bereits zukunftsfähige Lösungen auf dem Tisch liegen haben (weltweite Feldversuche, Solar-Carport, Brennstoffzellen-Hybrid u. v. a.). Und dass sie bereits mehrere Millionen Hybrid-Fahrzeuge gebaut und verkauft haben. Dass Erfolg Nachahmer auf den Markt bringt, wird Toyota wenig stören, der Welt unserer Kinder und Enkel aber bessere Chancen geben. Und das ist schon eine ganze Menge.

Text und Fotos: Frank Nüssel/CineMot

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